Spielfilme und Dokumentationen, Gegenwart und Vergangenheit, jüdisches Leben in Deutschland und anderen Ländern – das 12. Paul-Spiegel-Filmfestival, veranstaltet von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und dem dortigen Filmmuseum, hat wieder Vielfalt zu bieten. Die filmische Reise durch jüdische Welten steht in diesem Jahr unter dem Motto »Zurück zu den Wurzeln« und beginnt am Sonntag, den 19. Februar, mit einem dokumentarischen Film über die Generation der Juden in Wien vor 100 Jahren. Robert Bober, einst Regieassistent des Nouvelle-Vague-Filmschaffenden Francois Truffaut, blickt mit Wien vor der Nacht auf das Leben seines Großvaters.
Doch zu Beginn wird ein aktueller Kurzfilm über die Eröffnung des jüdischen Albert-Einstein-Gymnasiums in Düsseldorf laufen. So verknüpft der Eröffnungsnachmittag jüdisches Leben damals und heute. »Zwischen den Generationen liegt die Katastrophe der Schoa – wir stellen mit der Filmauswahl am Eröffnungstag die Lebendigkeit heute dar und zeigen, wie verwurzelt jüdisches Leben in Düsseldorf vor Ort ist«, erläutert Kuratorin Kathrin Rittgasser.
Erfahrungswelten Kinder und ihre Erfahrungswelten finden sich auch in einigen der Festivalfilme wieder. Gemeinsam mit den Nachkommen emigrierter Hochschulprofessoren blickt die türkische Regisseurin Eren Önsöz auf ein spannendes Kapitel jüdisch-türkischer Geschichte zurück. Im Filmtitel Haymatloz spiegelt sich bereits die Vermischung jüdischer, deutscher und türkischer Wurzeln.
Im Mittelpunkt steht die Emigration jüdischer Intellektueller in die Türkei. »Spannend ist an diesem Film die Verknüpfung der Geschichte von Migration mit dem Aufbau der Universitäten in der Türkei und der Gestaltung der Lehre dort«, sagt Kathrin Rittgasser. Familiengeschichten werden verwoben mit Wissenschaftsgeschichte – ein interessanter Blickwinkel auf ein wenig bekanntes Thema.
Ein Kind und ein Monster stehen im Mittelpunkt des Films Abulele, der am Mittwoch gezeigt wird. Die aktuelle Produktion aus Israel gilt als Coming-of-Age-Film, das heißt für Kinder wie Erwachsene geeignet, und sei beliebt beim Publikum, meint Rittgasser. Eine Besonderheit hier: Der Film läuft in der hebräischen Originalfassung und wird während der Vorführung live eingesprochen. Bei einem narrativen Werk biete sich diese Methode an, da auch die Bilder für sich sprechen würden und man der Story mithilfe der eingesprochenen Übersetzung gut folgen könne. »Es ist eine Chance, einen Film auf Hebräisch zu sehen, die man in Deutschland nur selten hat«, erklärt die Kuratorin.
Ein weiterer Spielfilm dürfte bereits bekannter sein. Natalie Portmans Verfilmung des gleichnamigen Romans von Amos Oz, Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, läuft am Dienstagabend. Persönliche Kindheitserinnerungen vermischt mit den Kindertagen Israels zu Zeiten der Staatsgründung. Auch die deutsche Produktion Simon sagt auf Wiedersehen zu seiner Vorhaut von Viviane Andereggen stellt einen Jungen in den Mittelpunkt, doch im Hamburg der Jetzt-Zeit und mit schmunzelndem Blick. Eine Komödie über jüdisches Leben heute.
Musikkultur Zum Abschluss des Festivals tritt die Jüdische Gemeinde Düsseldorf als direkter Gastgeber auf, so läuft der letzte Film des Festivals nicht im Black Box Kino des Filmmuseums, sondern im Leo-Baeck-Saal des Gemeindezentrums. The Other Europeans in: Der zerbrochene Klang handelt von jüdischen und Roma-Musikerfamilien, die für eine einzigartige Musikkultur stehen.
70 Jahre nach Zerstörung dieser Musikkultur durch Holocaust und den Zweiten Weltkrieg begibt sich eine Gruppe international bekannter Musiker aus aller Welt auf eine Reise in diese Vergangenheit. Aus »zerbrochenem Klang« entsteht Neues – Freundschaften, gemeinsame Musik und Erkenntnisse über die eigenen Identitäten. Im Anschluss folgt Live-Musik mit dem Ensemble Klezmer Tunes.
Auch beim Paul-Spiegel-Filmfestival in diesem Jahr wird das Publikum die Einbettung der Filme in Information und Austausch schätzen. So gibt es Einführungen in die jeweilige Thematik, die Möglichkeit für Fragen und anschließenden Austausch über das Gesehene und darüber, welcher Film am meisten nachwirken wird. Es bleibt spannend.
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