Mit zerfurchter Stirn sich tief übers Buch beugen und pauken – das muss nicht immer sein. Manchmal geht’s auch anders. Wie beim Lernzyklus, der alljährlich in der I. E. Lichtigfeld-Schule zur Mesiba Chagei Tischri führt.
In jedem Jahr der Sekundarstufe – also von der 5. bis zur 9. Klasse – widmen sich die Schüler einem der Feiertage des Monats Tischri mit besonderer Aufmerksamkeit und an einem Projekttag. Sechs Stunden lang wird dann mit ganzer Kraft gewerkelt, entstehen feiertagsspezifisch Apfelgelee, runde Challot, Grußkarten, bemalte Honigteller und Sukkaschmuck. Am Tag vor Rosch Haschana wurde das Erlernte und Erarbeitete schließlich den Mitschülern präsentiert. In diesem Jahr in Form eines Schulfestes, an dem auch Freunde und Familie teilnehmen durften.
Zuordnung Wer welchen Feiertag intensiv beackert, ist im Lehrplan der Lichtigfeld-Schule festgeschrieben: Die Fünfte arbeitet sich in die Tiefen von Rosch Haschana ein, die Sechste in Jom Kippur und die Siebte in Sukkot. Dann folgt ein kleiner Wechsel in der eigentlichen Feiertagsreihenfolge: die Achtklässler sind für Simchat Tora zuständig, die Neunte für Schmini Azeret.
»Wir haben das umgedreht, weil Schmini Azeret schwierig darzustellen ist«, erklärt Religionslehrerin Nurith Schönfeld. Die Bedeutung des Feiertages, an dem um Wasser für die neue Ernte gebeten wird, haben die Neuntklässler mit Bravour umgesetzt, indem die Chemieklasse Experimente mit Wasser vorführte.
Eine Art Experiment hatte sich auch die Fünfte vorgenommen: »Wir stellen mit unseren Besuchern selbst Seife her, denn das neue Jahr soll ja nicht nur süß sein, sondern auch duften«, erklärt ein Schüler. So durften Eltern, Geschwister und Freunde während der Mesiba Chagei Tischri Seife reiben, diese mit Duftöl besprengen und wieder in Form bringen. Auch die Siebtklässler haben zum Handwerken eingeladen: Wer wollte, konnte aus Styropor und allerlei anderen Utensilien Figuren basteln.
Genauer gesagt, die sieben Ahnen Abraham, Isaak, Jakob, Josef, Moses, Aaron und David – die sogenannten Uschpisin, die traditionell als spirituelle Gäste in die Sukka eingeladen werden. »Von den Uschpisin hatte ich bislang noch nichts gewusst«, sagt Miriam Uhlfelder. Und fügt, während sie sich um den Verkauf der selbst gebastelten Sukkadekoration bemüht, zufrieden an: »Dieser Projekttag hat viel Spaß gemacht, so was müsste es viel häufiger geben!«
praktischer Glaube Neben all dem Spaß, den die Schüler hatten, ist Schönfeld auch vom pädagogischen Konzept überzeugt: »Dieses buchstäbliche Begreifen der religiösen Riten mit allen Sinnen ist praktischer Glaube. Wir wollen, dass die Kinder ihre Religion nicht nur kennen, sondern auch praktizieren. Selbst Challot zu backen, ist dabei ein kleiner Anfang.«
Die »Fünf auf einen Streich« sollen auch im nächsten Jahr wieder gefeiert werden. »Allerdings überlegen wir noch, in welcher Form«, sagt Schönfeld. Für Schmini Azeret denkt sie beispielsweise an eine Einbindung der Umweltschutz-Organisation Keren Kayemeth Le Israel, um den Schülern die ökologische Bedeutung von Wasser noch besser verdeutlichen zu können.