Es war ein wahrer Medaillenregen für Vater und Tochter: Zehn Medaillen gewannen die beiden Dortmunder im Fechten bei den European Maccabi Games (EMG) – im Sommer 2015 in Berlin. Jetzt wollen sie an der ersten nationalen Makkabiade nach 20 Jahren vom 13. bis 16. Mai in Duisburg erneut gemeinsam teilnehmen.
Für Peter Marduchajew (52) sind Makkabiaden nichts Neues: Die EMG vor einem Jahr war bereits die sechste Teilnahme – und wieder eine sehr erfolgreiche. Zweimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze räumte der Dortmunder Sportlehrer und Fechttrainer ab.
allrounder Für seine Tochter Maria Marduhaev – die unterschiedliche Schreibweise des Nachnamens verdankt sie einem Übertragungsfehler auf dem Standesamt – war die Teilnahme im vergangenen Jahr die erste bei einer Makkabiade. Doch die heute 18-Jährige war nicht minder erfolgreich: Dreimal Gold und zweimal Bronze lautet die Berliner Bilanz der Schülerin aus Dortmund.
Für beide war das jüdische Sportfest im Olympiapark in Berlin ein unvergessliches Erlebnis. »Es war wirklich eine unglaubliche Erfahrung. Ich war noch nie auf einer so großen Veranstaltung mit Sportlerinnen und Sportlern aus der ganzen Welt.« Auch Vater Peter erlaubt sich zu schwärmen. »Es hat ganz gut geklappt«, sagt er bescheiden. »Die Organisation war gut, und unser Präsident war auch dabei und sehr zufrieden.«
Mit »unser Präsident« meint Marduchajew Joachim Gauck – Vater und Tochter sind natürlich für Deutschland angetreten. Vor 25 Jahren ist der heute 52-Jährige aus Baku (Aserbaidschan) nach Deutschland gekommen. Zehn Jahre hat er in Bochum gelebt, seit 15 Jahren ist die Familie in Dortmund zu Hause.
Maria ist auch heute noch bewegt und begeistert, dass die jüdischen Spiele an dem Ort ausgetragen wurden, an dem vor fast 70 Jahren Hitler deutschen Juden die Teilnahme an den Olympischen Spielen versagte: »Dass dort die jüdischen Europameisterschaften stattfanden – unfassbar!«
Nationalmannschaft Ihr Vater musste dabei vielleicht auch an seine eigene sportliche Karriere denken. Er war Mitglied der sowjetischen Fecht-Nationalmannschaft. Doch das Regime verweigerte ihm die Teilnahme an der Olympiade 1988 in Seoul. »Ich hatte einen Bruder in den USA. Sie hatten wohl Sorge, dass ich das Land verlasse«, berichtet Peter Marduchajew. Zumindest bei einer Junioren-Weltmeisterschaft konnte er damals antreten.
Sie fand in Ungarn statt: einem sozialistischen Bruderstaat und eben nicht im kapitalistischen Westen. Er schaffte es dort bis ins Halbfinale. Diese Erfahrungen beflügelten seine Ausreisepläne, als der Eiserne Vorhang fiel. An seinem Sport hielt er fest: Er arbeitet heute als Sportlehrer und Fechttrainer und hat seitdem an vielen Europa- und Weltmeisterschaften in der jeweiligen Altersklasse teilgenommen – und eine Vielzahl von Medaillen gewonnen. Aktuell ist der 52-Jährige Europa- und Vize-Weltmeister in seiner Altersklasse.
Wenn die nationale Makkabiade in Duisburg stattfindet, wird er gerade aus England zurückgekommen sein, wo er für Deutschland bei den Europameisterschaften im gemeinsamen Team der beiden Altersgruppen 40 bis 49 und 50 bis 59 Jahre antritt. Die Chancen stehen gut, dass er erneut eine Medaille für Deutschland gewinnen kann. Diese hat er natürlich in seiner Wohnung ausgestellt.
Die Medaillen von der EMG 2015 haben in seiner Wohnung eine eigene Wand bekommen, auch wenn hier nicht der sportliche Ehrgeiz und der Sieg im Mittelpunkt standen. Die Berliner Veranstaltung war für ihn auch deshalb etwas Besonderes, weil erstmals seine Tochter dabei war. Früher war er ihr Trainer. Doch Maria hörte mit 14 mit dem Leistungssport auf, weil ihr das mit Schule und Familie zu viel wurde.
Meisterschaft »Als Trainer war ich enttäuscht, aber als Vater kann ich es verstehen. Die Schule geht vor«, sagt Marduchajew. »Auch wenn sie sehr erfolgreich war. Sie war westfälische Meisterin und für die Deutschen Meisterschaften qualifiziert.«
Als Maria dennoch aufhörte, blutete ihm das Herz. Dass seine Tochter nach fast drei Jahren Wettkampf- und Trainingspause nach einem einzigen Trainingslager im vergangenen Jahr in Berlin so erfolgreich war, macht den Fechter stolz.
Durch die Europäische Makkabiade hat die Schülerin wieder viel Motivation getankt. Maria will nun wieder häufiger trainieren, auch wenn das Abitur im kommenden Jahr oberste Priorität hat. Dennoch möchte sie gemeinsam mit ihrem Vater in Duisburg starten. Es geht um das Wir-Gefühl, auch wenn das sportliche Niveau insbesondere für ihren Vater wohl keine Herausforderung darstellen wird.
Einsatzbereit »Aber wir sind nicht viele Fechter jüdischen Glaubens in Deutschland – da dann noch abzusagen, wäre nicht gut«, sagt Peter Marduchajew. Er möchte den jüdischen Sport in Deutschland stärken – deswegen nimmt er in Duisburg teil, obwohl unmittelbar vorher die regulären Europameisterschaften stattfinden werden. Weil nicht so viele Teilnehmer beim Fechten gemeldet sind, werden alle in allen drei Gattungen (Säbel, Florett, Degen) fechten – im Modus »Jeder gegen jeden«. Auch seiner Tochter geht es weniger um den sportlichen Reiz, als vielmehr um das Eintreten für ihren Glauben und das Gemeinschaftsgefühl.
Maria Marduhaevs großes Ziel ist daher die Teilnahme an der nächsten Makkabiade 2017 in Israel – gemeinsam mit ihrem Vater. Es bleibt abzuwarten, wie viele Medaillen sie dann für Deutschland gewinnen können.