Mannheim

Feiern im Quadrat

Am 13. September 1987 ging für Georges Stern ein Traum in Erfüllung. Das neue Zentrum der Jüdischen Gemeinde Mannheim wurde in der Mitte der Stadt eröffnet, die ihre Straßen statt nach Namen, nach Buchstaben und Zahlen ordnet. Am vergangenen Sonntag feierte die Gemeinde mit rund 300 Gästen das 25-jährige Bestehen ihres Zentrums entsprechend in F3. Ehrengäste waren der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sowie der Vorsitzende des Oberrats der Israeliten Badens, Wolfgang Fuhl.

Im Rahmen des Festaktes zeichnete die Gemeinde drei Persönlichkeiten mit ihrer Ehrenmedaille aus. Pfarrer Albrecht Lohrbächer, Margot Neuberg und Klaus Riebel hätten sich durch die von ihnen initiierten Projekte für ein besseres Verständnis zwischen den Menschen eingesetzt, sagte Schoschana Maitek-Drzevitzky. So habe der Schüleraustausch zwischen Haifa und Mannheim letztlich die Partnerschaft zwischen den beiden Städten begründet.

Auf den eigentlichen Anlass des Festes bezogen, betonte Maitek-Drzevitzky, sie sei stolz auf die Synagoge und auf die Mitglieder. Mit Freude stelle sie fest, »dass alle die Gemeinde als die ihre empfinden. Ich würde mir nur wünschen, dass ihre Zahl von zurzeit etwas über 500 noch ein wenig wächst, vor allem um junge Familien. Und dass sich der stabile Zustand, den wir jetzt haben, weiter festigt.«

Gemeindeleben »Eine Erfolgsgeschichte« nennt auch Orna Marhöfer das jüdische Leben am Rabbiner-Grünewald-Platz, wie das Planquadrat F3 seit 1993 heißt. »Das wunderbare neue schöne Gebäude musste mit Leben erfüllt werden«, blickt sie, die 18 Jahre lang zunächst stellvertretende und dann erste Vorsitzende der Gemeinde war, zurück. Mit den neuen Räumen eröffneten sich auch mehr Möglichkeiten, Gemeindeleben zu entwickeln. Die Jugend, Familie und Kultur sind hier zu nennen.

Für die Jugendarbeit ist Susanne Benizri zuständig. Der Religionslehrerin war es eine Herzensangelegenheit, den ehrenamtlichen Job der Jugendressortleiterin im Vorstand der Gemeinde zu übernehmen. »Ich wollte etwas von dem zurückgeben, was ich dort bekommen habe.« F3 sei ein wichtiger Teil ihrer jüdischen Identitätsbildung gewesen, sagt die heute 44-Jährige.

»Es ist uns einfach wichtig, dass die Kinder die Möglichkeit haben, ihren Platz innerhalb der Gemeinde zu finden. Dass sie sich in verschiedenen Gruppen in jedem Alter wohlfühlen, ihre Räume mitgestalten.« Jeden Freitag gibt es Angebote, Feiertagsprogramme samt Grillfeten, Tagestouren und Minifreizeiten für die Größeren. »Während der Hohen Feiertage bieten wir eine Betreuung für Kinder an, deren Eltern den Gottesdienst besuchen«, erzählt Benizri.

Kulturprogramm Maitek-Drzevitzky zählt weitere Highlights des Gemeindeprogramms auf: fruchtbare Dialoge mit Christen und Muslimen, ein hochkarätiges Kulturprogramm, prominente Gäste und ein Frühlingsball, der bereits ausverkauft ist, bevor die erste Einladung im Briefkasten steckt. »Unser Motto lautet ›Von uns für uns‹. Das heißt, die Gemeinde ist im Inneren stabil. Und ich bin überzeugt davon, dass sie dann auch sehr selbstsicher auf Augenhöhe im interreligiösen Dialog auftreten kann. Wichtig ist, dass jedes Mitglied seine Identität mit der Gemeinde aufbaut, dass es hier seine Heimat findet.«

Die Idee, der Bau und der Einzug in das Gemeindezentrum in F3 fiel in die Amtszeit von Georges Stern als erstem Vorsitzenden der Gemeinde (1980 bis 1992). Stern wollte sie nach außen öffnen: »Nicht nur am Tag der Offenen Tür sind uns Besucher willkommen. Hier wurde auch schon so manche türkische Hochzeit gefeiert. F3 soll ein offenes Haus sein.«

Aufbau Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Gemeinde zwar stark dezimiert, aber aktiv. Bereits im März 1946 richtete sie einen Betraum im ehemaligen jüdischen Waisenhaus in R7, 24 ein. Die wachsende Gemeinde erforderte einen Neubau, der 1957 in der Maximilianstraße 6 nach Plänen von Wilhelm Schlechte errichtet wurde. 1987 war dann das Haus des Architekten Karl Schmucker in F3 einzugsbereit. Es umfasst neben einer Synagoge einen Festsaal, Club- und Büroräume, eine Sporthalle, eine Mikwe sowie einen Küchentrakt.

Fragt man Stern nach wichtigen Dingen in seinem Leben, dann kommt die Antwort prompt. Neben der Familie und seinem »Baby«, dem Gemeindezentrum, ist es die Integration jüdischen Lebens: »Wir sind doch keine Fremden oder Exoten. Ich bin hier aufgewachsen, habe beim VfR gekickt.« Sein Vater Fritz war sogar Mitbegründer des Vereins für Rasenspiele. Schon Anfang des 17. Jahrhunderts gab es in F2, 13 eine Synagoge: »Hier haben schon immer Juden gelebt.«

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