Als Klara Verbna in der ukrainischen Stadt Schitomir geboren wurde, tobte noch der Erste Weltkrieg. Heute lebt sie in Wuppertal und feiert am 17. Januar ihren 100. Geburtstag. Im Namen der jüdischen Gemeinde wird ihr der Vorsitzende Leonid Goldberg gratulieren.
Die Jubilarin ist bei guter Gesundheit und klarem Verstand. Nur das Gehör hat etwas nachgelassen. Sie lebt zusammen mit der Witwe ihres Sohnes, Branislava. »Wir hatten von Anfang an ein wunderbares Verhältnis«, erzählt Branislava Verbna. »Deshalb sind wir immer noch zusammen.«
Ökonomie Vor 14 Jahren übersiedelte die Familie aus Kiew nach Deutschland. Die Enkel fanden schnell Arbeit. Ein Urenkel tritt in Uromas Fußstapfen und studiert Wirtschaftswissenschaften, die Urenkelin geht in die 8. Klasse des Gymnasiums. Die alte Dame besuchte früher oft die Synagoge und fuhr mit der Familie in den Urlaub nach Spanien und in die Niederlande.
Heute ist sie nicht mehr unterwegs, aber sie interessiert sich weiterhin lebhaft für Politik, guckt sich alle entsprechenden Sendungen im Fernsehen an und liest viel. Und sie verpasst keinen Boxkampf der Klitschkos. Das letzte Duell von ihrem Landsmann Wladimir hat sie nachts live im TV verfolgt: Der Urenkel fieberte mit.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Klara Verbna nach Sibirien evakuiert. Das hat sie davor bewahrt, wie die meisten Juden in ihrer Heimatstadt Schitomir unter der deutschen Besetzung ermordet zu werden. Später kehrte sie in die Ukraine, nach Kiew, zurück, arbeitete als leitende Ökonomin in einer Handelsorganisation. Nach der Pensionierung half sie, die beiden Enkelkinder großzuziehen.
Erinnerungen Besonders gerne erinnert sie sich an ihre Ehe. »Ich hatte einen außerordentlich guten Mann.« Er war Armeeangehöriger, nach seiner Entlassung aus dem Dienst war er bei der Eisenbahn. Leider starb er bereits mit Anfang 60. »Nach seinem Tod betete sie zu Gott, dass er ihr das Gedächtnis nicht wegnimmt«, erzählt Branislava Verbna. Diese Bitte wurde erhört: »Sie erinnert sich wirklich an alles.«
Das Rezept eines langen Lebens? »Meine Schwiegermutter hat ihr Leben lang nur wenig gegessen, war schon immer ein sehr ordentlicher Mensch und achtet penibel auf Sauberkeit. Ihre Kleidung ist sorgfältig zusammengefaltet, das Bett gemacht, sie wäscht sich und duscht jeden Tag, egal was passiert«, erzählt Branislava Verbna.
Ansonsten hatte sie ein ganz gewöhnliches Leben, liebte ihre Arbeit, ihren Mann und ihre Familie. »Es sind wohl die Gene. Andererseits: Ihre Eltern sind beide relativ früh gestorben. Gott hat ihr deren Lebensjahre noch hinzu geschlagen«, glaubt die Schwiegertochter. Den 100. Geburtstag wird Klara Verbna mit der Familie feiern. »Aber unsere Tür ist offen: Wer mag, kann kommen.«