Ein falscher Prüfbericht hat die Mitgliederversammlung der Jüdischen Gemeinde Mainz am 30. Juni platzen lassen. Mitarbeiter des Wirtschaftsprüfers hatten beim Binden der Dokumente den richtigen Tabellen von 2012 den alten Kommentar aus dem Jahr 2011 zugeordnet. Die den Gemeindemitgliedern 14 Tage zur Ansicht vorgelegten Dokumente waren hingegen richtig zugeordnet, da sie als Prints der elektronischen Fassung ausgelegt worden waren.
Diese elektronische Fassung hatte auch die Gemeindevorsitzende Stella Schindler-Siegreich vorliegen und geprüft, nicht jedoch die ausgedruckte Fassung, die – so sieht es das Gesetz vor – in mehreren Exemplaren fest gebunden sein muss.
Kommentar Die gebundene Fassung hatte ein Mitarbeiter des Landesverbands kurz vor dem Beginn des Schabbats erneut kontrolliert. Als er bemerkte, dass der Kommentar zu einem früheren Prüfbericht gehörte, hatte er sich bei der Vorsitzenden gemeldet, die ihrerseits noch einmal in ihren Unterlagen nachschaute und keine Divergenzen feststellen konnte – schließlich hatte sie die richtige, aber nicht gebundene elektronische Fassung.
Absicht oder ein Versehen, über das man hinwegsehen konnte? Das galt es in einer immer hitziger verlaufenden Debatte zu entscheiden. Die Mainzer Gemeinde hatte sich an diesem Sonntag viel vorgenommen. Bereits nach dem Bericht des Vorstands gab es offenbar heftige Diskussionen.
Erst gegen 16 Uhr kam es schließlich zum Bericht des Wirtschaftsprüfers, dessen Entschuldigung zum falsch gebundenen Prüfbericht nahezu in der aufgebrachten Stimmung unterging. Zu diesem Zeitpunkt hatten die rund 200 Gemeindemitglieder, unter ihnen viele ältere Menschen, an jenem schwülwarmen Sommertag schon fünf Stunden ausgeharrt und debattiert.
Entscheidung Eine Abstimmung darüber, ob man ohne Entlastung des Vorstands eine Neuwahl durchführen könne, ob diese Entscheidung geheim oder per Handzeichen herbeigeführt und wer bei einer offenen Abstimmung zählen könne, war schlichtweg unmöglich, so die Gemeindevorsitzende Stella Schindler-Siegreich später.
Auch dieses Prozedere drohte sich durch die Übersetzungen ins Russische weiter in die Länge zu ziehen. Um 17 Uhr brach daher die Gemeindevorsitzende nach Abstimmung mit den anderen Vorstandsmitgliedern die Versammlung ab. Ohne Entlastung kann aber kein neuer Vorstand gewählt werden, so die Entscheidung.
Zudem hätte die Vorstellung der Kandidaten – Peter Waldmann, der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinpfalz, wollte sich ebenfalls zur Wahl stellen – weitere Zeit beansprucht. Viele Gemeindemitglieder waren bereits gegangen, andere mussten auch noch nach Worms zurück. Die Wahl des neuen Vorstands soll jetzt nach den Sommerferien stattfinden.