Schweigend stehen ein paar Mädchen zusammen und hören ihren Schulkameraden zu, die gerade die Namen der in der Schoa ermordeten Berliner Juden aus dem Gedenkbuch des Landes Berlin vorlesen. Die Liste ist lang. 55.696 Namen umfasst sie. Die Neuntklässler des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn finden es wichtig, an die Ereignisse der Pogromnacht vor 80 Jahren zu erinnern.
Dieses Mal ist es anders als in den vergangenen Jahren, denn die Namen werden am Holocaust-Mahnmal in Berlin-Mitte verlesen. Per Lautsprecher erschallen sie über das ganze Areal. »Ich fände es gut, wenn auch einmal andere Schulen mitmachen würden«, sagt eine 14-Jährige.
Während sich einige der Schüler bei der Lesung am Mahnmal engagieren, lesen andere nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses aus den Erinnerungen von Zeitzeugen.
bildung An der gemeinsamen Gedenkveranstaltung des Landes Berlin und der Jüdischen Gemeinde nahmen Rabbiner und Vertreter der Kirchen sowie die Zeitzeugin Margot Friedländer teil. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) warnten vor wachsendem Judenhass in Deutschland.
Gleichzeitig mahnten sie ein konsequentes Eintreten aller gesellschaftlichen Kräfte für Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an. »Dabei kommt es auf jeden an – hier sind wir alle in der Pflicht, uns eindeutig zu positionieren«, sagte Müller. Der 9. November fordere von allen, eben für diese Freiheit einzutreten, an jedem Tag und jedem Ort.
Ralf Wieland betonte, dass man nicht nachlassen dürfe in dem Bemühen, der historischen Bildung einen eigenen Stellenwert zu geben. Dem pflichtete auch Gemeindevorstand Gideon Joffe bei. »Indem wir die Demokratie stärken, ehren wir auch die Opfer des 9. November und die Überlebenden«, sagte Joffe.
Anschließend wurde ein Kranz an der Gedenkstätte Topographie des Terrors niedergelegt. Später gingen etliche, darunter auch der Regierende Bürgermeister, zur Namenslesung am Holocaust-Mahnmal.