Herr Meyer, Sie erhalten am kommenden Dienstag den Heinrich-Stahl-Preis. Mit welchen Gedanken nehmen sie diese Ehrung der Jüdischen Gemeinde entgegen?
Ich erhalte den Preis gemeinsam mit Hermann Simon, für unser Engagement im Zusammenhang mit dem Erhalt des Friedhofes Weißensee. Es ist gut, dass mit dieser Preisverleihung der Friedhof als Kulturerbe den Gemeindemitgliedern und Berlinern wieder in Erinnerung gebracht wird. Zum anderen ist es für mich eine Form der Rehabilitierung nach all dem, was mir von gewissen Personen in der Gemeinde angetan wurde.
So etwas wie eine späte Anerkennung?
Ich will nicht verhehlen, dass ich mich durch diese Auszeichnung geschmeichelt fühle.
Sie haben sich in Ihrer Zeit als Gemeindevorsitzender dafür eingesetzt, dass der Friedhof als Weltkulturerbe anerkannt wird. Dauern die Bemühungen an?
Von Anfang an war ich der Meinung, dass es sekundär ist, ob die UNESCO den Friedhof auf die Weltkulturerbe-Liste setzt. Es geht eher darum, dass er als jüdisches Kulturgut der Stadt und des Landes im öffentlichen Bewusstsein ist – und daran muss man arbeiten. Vor dem Krieg wusste jeder Berliner, dass es in Weißensee einen jüdischen Friedhof gibt. Das ist längst nicht mehr so. Und wenn wir heute noch 150.000 Gemeindemitglieder in Berlin hätten, würden wir uns schämen, nach finanzieller Hilfe zu suchen. Dann wären wir stolz, alles aus eigener Kraft zu schaffen. Es ist nicht unsere Schuld, dass wir so wenige sind. Das muss der Öffentlichkeit klar sein. Und es muss gewährleistet sein, dass der Erhalt des Friedhofs vom Land Berlin und dem Bund gesichert wird.
Sie haben sich aus der Gemeindepolitik zurückgezogen. Verfolgen Sie dennoch die aktuellen Vorgänge?
Ja, selbstverständlich. Die Wahl des jetzigen Vorstandes war ein Votum aller Gemeindemitglieder – der Zuwandererer und Alteingesessenen – für den Erhalt der Einheitsgemeinde. Es sollte die Gefahr abgewendet werden, dass einzelne Personen die Gemeinde führen und damit die Neugründung einer Austrittsgemeinde provozieren. Jetzt sehe ich erneut eine Gefahr der Spaltung. Ich denke, wir müssen alle – vom reformierten bis zum orthodoxen Spektrum – unter dem Dach der Einheitsgemeinde behalten.
Reizt es Sie manchmal, wieder in die Gemeindepolitik einzusteigen?
Sag niemals nie.
Mit dem ehemaligen Gemeindevorsitzenden sprach Detlef David Kauschke.