Am Dienstag dieser Woche fand in Berlin ein Festakt zum 60-jährigen Bestehen von Yad Vashem statt. Die Gedenkstätte in Jerusalem erinnert an die Opfer des Holocaust. Sie ist ein Ort für Dokumentation, Forschung, Unterricht und Mahnung.
Mit einer bedeutenden Schenkung hat Helene Habermann zusammen mit ihren drei Kindern Sonja, Roman und Harry die Realisierung des Education Gateway for Learning and Reflection ermöglicht. Somit hat die Familie einen wesentlichen Beitrag zum Wachhalten der Erinnerung an die Opfer der Schoa geleistet.
austausch In diesem neu errichteten Gebäude wird ein Bogen von der Vergangenheit bis zur Gegenwart gezogen. Sinn und Zweck ist, dass dort ein gedanklicher Austausch stattfindet und die Lehren aus dem Holocaust gezogen werden. Es gibt Lehrveranstaltungen für Besucher, aber auch für jüdische wie nichtjüdische Lehrende aus aller Welt, die das Wissen über die Schoa weiter vermitteln.
Auf der Gedenktafel, die Helene Habermann in Jerusalem im Spätherbst enthüllt hat, wird an ihre Familie und die ihres Mannes Josef sel. A. erinnert: an Sara und Yehuda Kornfeld sel. A., an Tauba und Abraham Habermann sel. A. und an alle Familienangehörigen, die in der Schoa umgekommen sind.
Bei der Begrüßung in Yad Vashem sprach Oberrabbiner Israel Meir Lau über die Bedeutung der Gedenkstätte und besonders des neuen Gateway. »Tausende von Schülern und Studenten sowie Historiker aus der ganzen Welt kommen nach Yad Vashem. Sie stammen zum Teil aus Ländern, die selbst nicht einmal in den Zweiten Weltkrieg verwickelt waren, geschweige denn in den Holocaust. Sie kommen, um zu lernen, wie sie der jungen Generation die Botschaft des Holocaust vermitteln können«, unterstrich Lau. An Helene Habermann gewandt, dankte er ihr für das so wichtige Engagement: »Sie öffnen das Tor zu wunderschönen jüdischen Gemeinden, die längst untergegangen sind, die im Holocaust vernichtet worden sind.«
optimistisch Unter diesem Geschehen, so weiß der jahrzehntelange Freund der Familie, »leiden Sie mehr, als sie sagen können«. Aber Helene Habermann habe gemeinsam mit ihrem Mann Josef sel. A. neu angefangen. Zu dessen positiver Einstellung zitierte Lau eine weitere Freundin der Familie, die ebenfalls anwesend war, Präsidentin Charlotte Knobloch: »Jossel war immer ein optimistischer Mensch.«
In München bauten sich die beiden nicht nur eine Existenz auf, sondern vor allem eine Familie mit den drei Kindern. Dabei haben sie die Vergangenheit nie vergessen, hob Oberrabbiner Lau hervor: »Wir sind wirklich stolz, dass Sie 75 Jahre nach der ›Kristallnacht‹ an den Holocaust erinnern.«
Der Präsident von Yad Vashem, Avner Shalev, bezeichnete die Eröffnung des Education Gateway for Learning and Reflection als eine Wiederbegegnung und eine Wiedervereinigung im tiefsten Wortsinn. Viele der Schoa-Überlebenden hätten alles verloren, zum Teil sogar ihren Glauben. Familie Habermann jedoch sei in die jüdische Tradition zurückgekehrt – und zugleich in ein wieder neu geordnetes Leben.
Glauben »Sie haben den Glauben an die Menschen nicht verloren und auch nicht an Gott. Sie wollten eine bessere Welt«, sagte Shalev. Helene und Josef Habermann setzten diesen Glauben an das Gute in der Welt auch in die Tat um: »Ihr hattet die Chuzpe, die Kühnheit, unmittelbar nach dem Krieg mit einem Lächeln auf die positive Seite des Lebens zu schauen.«
Sie packten zu, wo es nötig war, und sie leisteten Hilfe. In München war Helene Habermann aktiv dabei, als es darum ging, die WIZO wieder zu gründen, sie baute einen Kindergarten für die jüdische Gemeinschaft auf. Und auch Israel hatte die Familie stets im Blick. »Baue eine bessere Welt – das ist jüdische Tradition«, betonte Shalev in seinem Dankeswort.
Rabbiner Michael Biberfeld brachte in seiner Ansprache das Leitmotiv der Familie Habermann auf den Punkt: »Erinnere dich an die Vergangenheit und baue die Zukunft!« Diese positive Grundeinstellung war entscheidend für den Wiederaufbau und den Weg der Familie Habermann.
Verständnis Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat hob die Bedeutung der Schenkung hervor. Yad Vashem biete die Gelegenheit, über den Holocaust zu lernen. Es sei ein Ort für alle – der zugleich einen Blick tief in die Herzen ermögliche. Er bezeichnete Yad Vashem als eine Verpflichtung für alle Besucher der Stadt. Das Investment der Familie Habermann in den neuen Gebäudeflügel trage dazu bei, dass mehr Leute verstehen: »Yad Vashem ist nicht nur eine Gedenkstätte, sondern es leistet auch einen Beitrag zum Verständnis von Jerusalem.«
Für die Familie ergriff am Ende der Feierstunde in Jerusalem Harry Habermann das Wort: »Die ganze Familie ist hier, um die Einweihung des Education Gateway for Learning and Reflection mitzuerleben.« Mit der Widmung an seine Großeltern finde eine Fortsetzung jüdischen Lebens statt, mit Kindern und Kindeskindern: »Ich fühle mich so privilegiert, hier zu stehen in Erinnerung an meine Großeltern, die ich nie gesehen habe.« Die Errichtung dieses Gebäudes in Yad Vashem sei für seine Familie, die sich in zahlreichen Charity-Projekten engagiert, nicht eines von vielen, sondern ein ganz besonderes Anliegen.
Für die Familie war es wichtig, dass zu der Eröffnung des Education Gateway auch nichtjüdische Freunde und Persönlichkeiten gekommen waren, um jüdisches Leben, aber auch das Land Israel kennenzulernen. Denn, so Harry Habermann, »wir sind einerseits mit unserer jüdischen Identität in München verwurzelt. Zugleich fühlen wir uns aber als Europäer, jedoch immer mit festem Blick auf Israel.«