In der vergangenen Woche musste sich die jüdische Gemeinde auf dem Neuen Israelitischen Friedhof von Helene Habermann sel. A. verabschieden, einer »Institution« im jüdischen Leben Münchens und weit darüber hinaus. Die Grande Dame starb nur wenige Tage nach ihrem 91. Geburtstag.
Zu den vielen Trauergästen, die sie auf ihrem letzten Weg begleiteten, gehörte auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie würdigte die vielen Verdienste, die sich Helene Habermann in ihrem langen Leben erworben hat.
Charlotte Knobloch würdigte die vielen Verdienste, die sich Helene Habermann in ihrem langen Leben erworben hat.
»Der Abschied von Hella Habermann«, sagte die IKG-Präsidentin auf dem Friedhof, »ist für uns mehr als der Abschied von einer großartigen Persönlichkeit, von einer wundervollen Mutter und Großmutter und von einer liebenswerten, treuen Freundin, deren großes Herz, deren Eleganz und Ausstrahlung, deren Wärme und Güte uns immer begleitet haben. Es ist nicht weniger als das Ende einer Ära.«
engagement Zur »Ära Habermann« gehören viele Faktoren. Ein Beispiel für ihr Engagement, das ihr Wesen und ihre Überzeugungen widerspiegelt, war die langjährige Präsidentschaft bei der WIZO in München. »Zedaka«, beschrieb Knobloch das Selbstverständnis der Verstorbenen, »verstand sie als eine Lebensaufgabe und als Berufung. Das jüdische Leben unterstützen zu können, helfen zu dürfen, war für sie ein Privileg. Sie lebte vor, was Jüdischkeit im besten Fall bedeutet.«
Jüdischkeit war bei Helene Habermann, geborene Kornfeld, aber auch unverrückbar mit dem schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte verbunden. »Mein Vater hatte sieben Geschwister, alle hatten bereits Kinder und Enkel. Meine Mama hatte drei Geschwister, auch sie hatten Kinder und Enkel«, beschrieb Habermann einmal die familiäre Situation in ihrer Heimatstadt Oberglogau (Oberschlesien), als der Zweite Weltkrieg begann und die Deutschen einmarschierten. Alle wurden von den Nazis ermordet, ihre Eltern kamen in Auschwitz ums Leben. Nur sie und eine Cousine überlebten.
heimat Den Tag der Befreiung im Mai 1945 nahm Helene Habermann als einen besonders schlimmen Tag wahr. »Ich wusste, dass ich allein und einsam auf der Welt geblieben bin«, sagte sie viele Jahre später in ihrer neuen Heimatstadt München. Hier lernte sie auch ihren späteren Mann Josef Habermann sel. A. kennen, den sie in den Nachkriegswirren des Jahres 1947 heiratete. »Er war das große Glück für mich. Er war ein wunderbarer Mensch«, freute sie sich ihr ganzes Leben lang über dieses besondere Geschenk.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch erinnerte bei der Beisetzung daran, dass Helene Habermanns Familie zu denen gehörte, die die Israelitische Kultusgemeinde nach 1945 wieder ins Leben riefen: »Helene Habermann wurde zu einer tragenden Säule der Gemeinde«, bemerkte Knobloch in ihrer Rede.
Dem sozialen Engagement, das bereits ihre Eltern so selbstlos praktiziert hatten, fühlte sich Habermann Zeit ihres Lebens verpflichtet. Knobloch zitierte in diesem Zusammenhang eine Losung, die sie und die Familie zu einem Leitsatz ihres Wirkens machten: »Erinnere dich an die Vergangenheit und baue für die Zukunft.«
israel Diese Überzeugung hat den Worten Knoblochs zufolge dazu geführt, dass ihre Unterstützung für die jungen Menschen in der Gemeinde, für den Staat Israel, für die Erinnerung an den Holocaust nie versiegt sei. »Ihre Großzügigkeit war stets mit einer freundlichen, lebensbejahenden Selbstverständlichkeit und einem gelassenen Stolz verbunden, der jeden in ihrer Umgebung für sie einnahm«, charakterisierte Charlotte Knobloch die Verstorbene.
Dem sozialen Engagement, das bereits ihre Eltern so selbstlos praktiziert hatten, fühlte sich Habermann Zeit ihres Lebens verpflichtet.
Als Segen bezeichnete es die IKG-Präsidentin, dass die drei Kinder von Helene Habermann die soziale und gelebte Botschaft ihrer Mutter als Verpflichtung verstehen. »Was sie begann und begründete, führen ihre Kinder schon lange weiter – und werden das auch in Zukunft tun«, stellte Knobloch bei der Beisetzungszeremonie fest.
Zugleich wies sie darauf hin, dass aus dem Wirken von Helene Habermann auch die Verpflichtung für die Gemeinde entstanden sei, ihr Andenken heute und in Zukunft in Ehren zu halten. Wörtlich erklärte die IKG-Präsidentin: »So wie die Unterstützung des jüdischen Lebens für Helene Habermann stets eine Ehre war, so soll auch für uns die Erinnerung eine Ehre sein. Was sie uns gegeben hat, wird in uns allen weiterleben.«