Das Grabmal des Bankiers Albert Pinkuss auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee ist imposant: Neoklassizistische Stelen, aufwendig verzierte Bankfüße und ein schöner, wenn auch verwitterter Stein. Darauf steht schlicht: »Albert Pinkuss. Bankier. 24.4.1861 in Berlin – 7.1.1918 in Berlin«. Wer sich bisher über Pinkuss’ Leben informieren wollte, konnte dies auf klassischem Weg mit Broschüren tun.
Nun gibt es auch eine digitale Möglichkeit. Seit vergangenem Mittwoch können die Besucher der drei jüdischen Friedhöfe Weißensee, Schönhauser Allee und Große Hamburger Straße mithilfe ihres Smartphones zu ausgewählten Gräbern finden und die Biografie der Verstorbenen nachlesen.
Insgesamt sind Informationen in Deutsch und Englisch über 185 Grabmäler hinterlegt. Allein die Route über den Friedhof Weißensee dauert vier Stunden und informiert über mehr als 80 prominente Jüdinnen und Juden. Zudem ist es möglich, sich seinen ganz individuellen Rundgang zusammenzustellen. Jeweils am Eingang der Friedhöfe steht eine Tafel mit einem sogenannten QR-Code. Hält man sein Telefon darüber, gelangt man automatisch auf die Homepage des neuen elektronischen Leitsystems. So kann man ganz gezielt ausgewählte Gräber wie die des Schriftstellers Theodor Wolff, des Unternehmers Josef Garbáty oder des Bankiers Albert Pinkuss ansteuern.
Entdecken Über ihn erfährt man, dass er Mitinhaber der 1817 gegründeten Privatbank Jacquier & Securius war. 1938, genau 20 Jahre nach Pinkuss’ Tod, erfolgte die »Arisierung« des Bankhauses. »Ich freue mich über diese großartige Möglichkeit, den Friedhof neu zu entdecken«, sagte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, bei der Vorstellung des Rundgangs auf dem Friedhof Weißensee. Unterstützt wurde die Gemeinde bei der Realisierung des Projekts von der Deutschen Klassenlotterie und dem Landesdenkmalamt. Ziel des elektronischen Leitsystems sei es, die jüdischen Friedhöfe in Berlin den Besuchern näherzubringen.
Auch Jörg Haspel, Landeskonservator der Stadt Berlin, ist von dem Projekt begeistert: »Durch das Leitsystem wird der unvergleichliche kulturelle Beitrag der Juden zur Entwicklung Berlins noch besser erfahrbar.« Er ist davon überzeugt, dass der Friedhof Weißensee nicht zuletzt auch durch den Wegweiser »sehr gute Aussichten« hätte, in den kommenden Jahren von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt zu werden.
Mehr Informationen finden Sie unter den Seiten
www.juedische-friedhoefe-berlin.de
und www.juedische-friedhoefe-berlin.mobi