Die Berlinale, das alljährliche Filmereignis in der Hauptstadt, machte vor, wie Publikumsnähe funktionieren kann: Stars und Filmfans sitzen im gleichen Raum. Alle hatten die Chance, den roten Teppich nicht nur zu sehen, sondern auch darüber zu laufen.
Die gerade zu Ende gegangenen 9. Jüdischen Filmtage am Jakobsplatz, die sich niemals mit der Berlinale messen würden, haben aber trotzdem ein paar Gemeinsamkeiten mit ihr.
Dies sind auf alle Fälle die Nähe zum Publikum und das breite Spektrum des Programms, das für jeden Geschmack etwas bieten dürfte: Komisches wie Tragisches, Dokumentarisches wie Informatives und viel Internationales.
liebhaber »Zum gemeinsamen Nenner zählt«, sagt Organisatorin Ellen Presser, »dass ein klarer jüdischer Bezug da ist. Dass der Film außergewöhnlich und nicht jedem und zu jeder Zeit zugänglich ist. Dass er in der jüdischen Gemeinde seine Liebhaber hat und für interessierte nichtjüdische Besucher ungewohnte Einblicke eröffnet.« Ganz schön viel auf einmal verlangt. Menashe, ein Spielfilm über den hürdenreichen Alltag eines Witwers mit Sohn in einer »frumen« Enklave in New York, lief – durchaus beachtet – auf der Berlinale 2017.
Doch in der deutschen Kinolandschaft fand er ebenso wenig seinen Platz wie die israelisch-amerikanische Produktion Norman. Da halfen nicht einmal Stars wie Michael Sheen, Charlotte Gainsbourg und allen voran Richard Gere.
Inzwischen steht fest, dass Sony dieses Meisterwerk des Oscar-nominierten Regisseurs Joseph Cedar bereits im März 2018 als DVD mit Bonus-Material auf den Markt bringt. Man kann nur raten: kaufen, verschenken und die Filmmusik von Jun Miyake, die eine Oscar-Nominierung verdient hätte, selbst genießen.
Der Dokumentarfilm Guardians of Heritage – Hüter der Geschichte, zu dem es übrigens auch einen roten Teppich gab, lockte 380 Besucher an, Bal Ej – The Hidden Jews of Ethiopia »nur« 61. Erfolgreich waren beide, weil sie ihr Publikum informierten und berührten. Etwas unterscheidet die Filmdarbietungen des IKG-Kulturzentrums von Kinobesuchen: nicht nur, dass das Gebotene andernorts kaum zu sehen ist. Jeder Abend hatte auch Gastreferenten. So diskutierte etwa der Filmemacher Emanuel Rotstein mit seinen Protagonisten Charlotte Knobloch und Christian Ude.
jiddisch-insel Die Jiddisch-Expertin Evita Wiecki erläuterte, dass Menashe »dem Hof der sogenannten Skverer Chassidim« angehört und warum sich sein Jiddisch von dem seines Filmsohnes unterscheidet, der in Israel auf »einer Art säkularer Jiddisch-Insel aufwächst«.
IKG-Vorstandsmitglied Anita Kaminski, die gerade von einer Äthiopienreise zurückgekehrt war, sprach über das biblisch anmutende Äthiopien und Legenden, die bis zu Salomon, zur Königin von Saba, der Bundeslade und einer geheimnisvollen Königin Judith zurückführen. nmn