Erfurt

Ein wahres Geschenk

Rabbiner Reuven Yaacobov Foto: Karina Hessland-Wissel

Es ist das »Bet« für »Bereschit« – hebräisch für »die Schöpfung«. Rabbiner Reuven Yaacobov setzt die Gänsefeder schräg auf dem Pergamentbogen auf und malt den Buchstaben mit schwarzer Tinte. Über 304.800 werden folgen, wenn in zwei Jahren die Tora fertig sein soll.

Dann werden die Katholische Kirche (das Bistum Erfurt) und die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands zur »Feier der Tora« die neue Rolle an die Jüdische Landesgemeinde Thüringen übergeben.

Symbol »Möge die Gemeinsamkeit der Tora die geistliche und menschliche Verbundenheit unter uns wieder stärken«, sagte Bischof Ulrich Neymeyer. Ihm und den anderen kirchlichen Vertretern ist bewusst: Das Miteinander zwischen Christen und Juden war auch in Thüringen, speziell in Erfurt, nicht immer ein gutes. Die Tora könnte nun zum neuen Symbol werden, denn, so sagt es Ricklef Münnich, evangelischer Theologe und einer der wesentlichen Initiatoren: »Zum jüdischen Leben gehört die Tora. Das ist die Grundlage von allem.«

In zwei Jahren soll die Tora übergeben werden.

613 Gebote sind es, betont der Landesrabbiner Alexander Nachama. »Es ist auch ein Zeichen der Freiheit, diese leben zu können, und es ist keine Selbstverständlichkeit.« In den kommenden zwei Jahren wird das Schreiben dieser Tora zum Teil öffentlich erfolgen.

Gebote Begleitet von Veranstaltungen, Vorträgen und Gesprächen wird Reuven Yaacobov die Gebote niederschreiben, und andere Menschen sind eingeladen, ihm dabei zu helfen.

»Legen Sie die Hand auf meinen Arm, wir schreiben gemeinsam«, sagt er und führt die Feder ruhig und konzentriert über die sanft markierten Linien des Pergaments. Geschrieben wird – traditionell – mit einer Gänsefeder, in diesem Fall einer sehr schönen Feder, erklärt Reuven Yaacobov. Der gebürtige Usbeke kam mit 22 Jahren nach Deutschland. Zuvor hat er in Moskau und in Israel an verschiedenen Jeschiwot studiert.

Rabbiner Reuben Yaacobov schreibt seine 31. Torarolle.

Die Erfurter Torarolle wird seine 31. werden. Auch er freut sich auf den Prozess des Schreibens und wünscht sich nur eines: nicht immer so viel Blitzlicht wie am ersten Tag. Das Interesse war groß, der Andrang gewaltig.

Eine neue Tora – gemeinsames Symbol als Geschenk der Kirchen und damit auch ein neues Miteinander: »Lasst uns miteinander leben, lasst uns miteinander in Frieden leben und zusammen eine Zukunft bauen«, sagte der Rabbiner zum Schluss und wird die nächsten Pergamentseiten in Ruhe und etwas Abgeschiedenheit schreiben, bevor er wieder nach Thüringen reist, um hier – im Dialog mit anderen – über jüdisches Leben zu reden, zu beten und zu schreiben.

Frankfurt/Main

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