Integration und interreligiöser Dialog sind derzeit Top-Themen. Doch um das Mehrreligionenhaus »Ahawah« ist es in den vergangenen Monaten eher ruhig geworden. Dennoch ist Initiatorin Avitall Gerstetter zuversichlich: »Es ist ein tolles Projekt – und die Umsetzung wird uns schon noch gelingen«, ist sich die Kantorin der Jüdischen Gemeinde sicher. Vor dreieinhalb Jahren entstand die Idee, der favorisierter Standort war damals das ehemalige Waisenhaus Ahawah, mitsamt umliegenden Gebäuden in der Auguststraße in Berlin-Mitte. Nun könnte es sein, dass eine ähnliche Idee von einer Kirchengemeinde an anderer Stelle realisiert wird, und sich »Ahawah« dort beteiligt.
Vor mehr als zwei Jahren stellte Gerstetter ihr Konzept für die Auguststraße in der Repräsentantenversammlung vor. Zugleich wurden in der Gemeindevertretung andere Nutzungen diskutiert, wie die Einrichtung eines Jugendhotels und die Unterbringung der Jüdischen Oberschule.
Bei allen steht die Finanzfrage ganz obenan: Denn fünf bis sechs Millionen Euro würde alleine die Sanierung des Ahawah-Gebäudes kosten und die Herrichtung des gesamten Komplexes 16 bis 17 Millionen Euro. Erschwerend kämen noch die Auflagen des Denkmalschutzes dazu.
Mittlerweile scheint die Gemeinde auch andere Pläne zu haben. Gemeindechefin Lala Süsskind bestätigte auf Nachfrage, dass derzeit »sehr interessante Gespräche« geführt werden und es demnächst eine Entscheidung geben wird. Dem Vernehmen nach soll das Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg ein Interessent sein.
Sakralbau Unterdessen plant Pfarrer Gregor Hohberg von der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien ebenfalls ein Mehrreligionenhaus in Mitte. »Es ist etwas Neues, wenn in einer Großstadt wie Berlin die drei großen Religionsgemeinschaften den Anstoß geben, im Zentrum der Stadt gemeinsam einen neuen Sakralbau zu errichten«, heißt es in dem Konzept. Das Haus soll für jeden frei zugänglich sein.
Juden, Muslime und Christen sollen hier beten und ihre Feste feiern können, und »die mehrheitlich säkulare Stadtgesellschaft« soll des Gespräch und die Gemeinschaft suchen können. Auf dem Petriplatz soll das Gebäude stehen, dass die drei monotheistischen Religionen gemeinsam konzipieren, bauen und verantworten. »Ein neues Wahrzeichen der Weltoffenheit und Toleranz Berlins« könnte es werden. Im kommenden Jahr soll dazu eine Stiftung gegründet werden, 2012 ist die Grundsteinlegung geplant.
Pfarrer Hohberg hat bereits Kontakt mit der Jüdischen Gemeinde und mit verschiedenen Rabbinern aufgenommen. Gemeindechefin Lala Süsskind begrüßt die Initiative der Kirche und wünscht dem Projekt viel Erfolg.
Auch mit Avitall Gerstetter ist er im Gespräch. Gemeinsam wird überlegt, ob »Ahawah« Räume am Petriplatz nutzen will. »Wir denken darüber nach. Gleichzeitig sind wir auf der Suche nach etwas Eigenem, wie beispielsweise einer alten Fabriketage«, sagt die Kantorin.
Zahlreiche Interessenten gebe es für ihr Projekt. So hätten bereits Lehrkräfte angefragt, ob sie dort unterrichten könnten. Zur Finanzierung wird Geld gesammelt. Unterstützung gibt es unter anderem aus Meissen, die weltberühmte Porzellanmanufaktur fördert das Vorhaben mit einem Teil des Verkaufserlöses der »Ahawah«-Kollektion. Unter gleichem Namen wird Kristallglas der Glasmanufaktur Theresienthal in Bayern angeboten – für den guten Zweck und die Vision vom Mehrreligionenhaus.