München

»Ein magischer Ort«

Am Anfang, als es nur die Pläne für die Rückkehr der Jüdischen Gemeinde ins Herz der Stadt gab, spielte immer auch ein Stück Skepsis eine Rolle. Davon ist heute, zehn Jahre nach der Inbetriebnahme des Jüdischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz, nicht einmal mehr im Ansatz die Rede. Beim Bürgerfest am vergangenen Sonntag, das von der Israelitischen Kultusgemeinde organisiert wurde und diesmal dem ersten »zweistelligen« Jubiläum gewidmet war, zeigte sich das in eindrucksvoller Weise. IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch sprach von einem »magischen Ort«, der sich hier entwickelt habe.

Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter, der das Bürgerfest zusammen mit der IKG-Präsidentin offiziell eröffnete, zeigte sich von der Entwicklung der letzten zehn Jahre beeindruckt. »Was hier am St.-Jakobs-Platz entstanden ist«, sagte er, »hat nicht nur für die Jüdische Gemeinde, sondern für die ganze Stadt größte Bedeutung. Jüdisches Leben hat wieder einen zentralen Platz und ist voll und ganz in die Stadtgesellschaft integriert. Der Bau des Jüdischen Zentrums hat ihm wieder den Stellenwert gegeben, den es vor seiner Vernichtung hatte. Dazu gehört auch die Vielfalt der Einrichtungen, die hier im Jüdischen Gemeindezentrum gebündelt sind.«

Glücksfall Das auch baulich imposante Gemeindezentrum und die beeindruckende Ohel-Jakob-Synagoge sind durch den »Gang der Erinnerung« miteinander verbunden. Auf beleuchteten Glasplatten sind dort die Namen von über 4500 Münchner Juden eingraviert, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden. Angesichts dieser Vergangenheit, so Oberbürgermeister Dieter Reiter, könne man die Versöhnungsbereitschaft, die die jüdische Gemeinde gezeigt habe, geradezu als einen »unverdienten Glücksfall« für München bezeichnen. »Durch sie hat sich unserer Stadt die historische Chance auf eine bessere Zukunft eröffnet«, erklärte das Stadtoberhaupt bei der Eröffnung des Bürgerfestes.

Begegnung, Dialog, Verständnis und Respekt nannte Charlotte Knobloch im Zusammenhang mit dem Gemeindezentrum als maßgebliche Parameter. »Wann immer ich von meinem Büro aus dem Fenster blicke«, erzählte die IKG-Präsidentin, »sehe ich nicht nur die Synagoge, die am Schabbat und den Feiertagen gut besucht ist. Ich sehe auch einen Platz, an dem sich Menschen verabreden, niederlassen, wo die Kinder durch den Brunnen springen, lachen und spielen – an dem das Leben pulsiert.«

Das bemerkenswerte gedeihliche Miteinander zwischen der Jüdischen Gemeinde und ihren Nachbarn – Angerkloster, Alten- und Service-Zentrum Altstadt des Arbeiter-Samariter-Bunds, Jüdisches Museum und Café Exponat, Stadtmuseum, Stadtcafé und die Schneidereigenossenschaft Orag – sprachen sowohl Oberbürgermeister Reiter als auch die IKG-Präsidentin an. Sie bedankte sich bei den Anwohnern nicht nur für die ideenreiche Unterstützung und Kooperation bei der Vorbereitung und Ausgestaltung des Festes, sondern für jeden einzelnen Tag in allerbester Nachbarschaft und Freundschaft.

Zustimmung »Wir erleben an diesem Ort ungeahnte, alltägliche Selbstverständlichkeit – und das ist alles andere als selbstverständlich«, betonte Charlotte Knobloch, die sich dabei auch der Zustimmung der beiden IKG-Vizepräsidenten Yehoshua Chmiel und Ariel Kligman und allen anderen jüdischen Mitbürgern in München sicher sein konnte.

Das etwas wechselhafte Wetter konnte der Stimmung der Bürgerfest-Besucher nichts anhaben. Das lag auch an dem umfangreichen und abwechslungsreichen Programm, das Ellen Presser, Leiterin der IKG-Kulturabteilung, und ihr Team in wochenlanger Vorbereitung auf die Beine stellen konnten und das für große und kleine Besucher eine Vielzahl von Möglichkeiten beinhaltete.

Das Angebot reichte von geführten Synagogenbesuchen über einen Flohmarkt, Spielen unterschiedlichster Art bis hin zu musikalischen Darbietungen. Die Kinderchöre der Sinai-Grundschule und des Aleksander-Moksel-Kindergartens gehörten dazu, der Chor Druschba, die Tanzgruppen Genesis und Celtic Colleens, der Synagogenchor Schma Kaulenu, das Quartett des Orchesters Jakobsplatz, die Gruppe Folkadu und die Klezmer-Band »You Shouldn’t Know From It«.

Ebenso vielfältig war das kulinarische Angebot. Zusammen reichte das leicht aus, um die Besucher bis in die Abendstunden bestens zu unterhalten.

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