Mit den Jüdischen Filmtagen am Jakobsplatz startet alljährlich das kulturelle Jahresprogramm der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. In diesem Kalenderjahr kann das cineastische Highlight ein kleines Jubiläum feiern. Zum zehnten Mal findet es bereits statt.
»Die aufregendsten, unglaublichsten, schlimmsten und schönsten Geschichten schreibt immer noch das wahre Leben«, stellt IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch mit Blick auf die sieben Filme, die im Januar und Februar gezeigt werden, fest. Denn alle Werke, selbst der Spielfilm Die Berufung – Ihr Kampf um Gerechtigkeit zum Abschluss des Filmfestivals am 23. Februar im Filmtheater am Sendlinger Tor, haben dokumentarischen Charakter.
Ellen Presser, die Leiterin der IKG-Kulturabteilung und Organisatorin der Jüdischen Filmtage, setzt bei der Auswahl der Filme immer einen besonderen Akzent. In diesem Jahr steht die Suche nach dem Verlorenen, Zerstreuten oder dem Zerstörten, aber auch dem Wiederentdeckten, Bewahrten oder Rekonstruierten im Mittelpunkt.
ns-zeit Bestes Beispiel dafür ist der Dokumentarfilm Die Stille schreit, mit dem die Jüdischen Filmtage am 17. Januar eröffnet werden. In der Dokumentation erzählt Miriam Friedmann die beeindruckende und berührende Geschichte zweier Familien aus Augsburg, die in der NS-Zeit zugrundegerichtet, entrechtet und ermordet wurden – ihre eigenen Großeltern.
Dokumentarfilme dieser Art, die ihre Spannung aus informativen und anschaulichen Inhalten ziehen, sind nach Überzeugung von Charlotte Knobloch von nicht zu unterschätzender Bedeutung. »Sie machen deutlich«, erklärt sie, »dass geschehenes Unrecht unvergessen ist und auch sichtbar gemacht werden kann. Und sie halten die Erinnerung wach.« Sie verwendet in diesem Zusammenhang ein Zitat des berühmten Filmproduzenten und Holocaust-Überlebenden Artur »Atze« Brauner. »Filme«, so beschrieb er einmal seine persönliche Intention, »gehören dem Publikum, nicht den Filmschaffenden.«
Ein Beitrag zum Jiddischen ist jedes Jahr fester Bestandteil der Filmtage.
Ein Filmbeitrag zur jiddischen Sprache ist jedes Jahr fester Bestandteil der Jüdischen Filmtage. In diesem Jahr widmet sich Black Honey am 27. Januar dem bedeutenden Schriftsteller Abraham Sutzkever und schildert die beeindruckende und inspirierende Lebensgeschichte eines Mannes, der nur Künstler sein wollte, aber zu einem Überlebenskampf im Wilnaer Ghetto gezwungen wurde.
Ähnlich komplex fällt das dokumentarische Porträt Ein Leben für die Musik (17. Februar) des charismatischen Violinisten Itzhak Perlman aus. Der Film zeigt den israelisch-amerikanischen Künstler auch von seiner privaten Seite und bietet einen wahren Schatz an Bildern – nicht nur für Musikliebhaber.
zeitgeschichte Ein Stück Zeitgeschichte wird den Besuchern der Jüdischen Filmtage am 10. Februar mit der Dokumentation Die Situation ist neu und reizvoll geboten. Der Vortrag von Dirk Heißerer, der auch auf Filmbeispiele zurückgreift, widmet sich der Figur Thomas Mann (1875–1955). Er war einer der ersten Schriftsteller überhaupt, der 1929 in einem Tonfilm auftrat.
Thomas Mann war zeitlebens ein eifriger Kinogänger, verfasste selbst Drehbücher und sah sich auch die Verfilmungen seiner Romane Buddenbrooks (1923) und Königliche Hoheit (1953) an. Im Exil unterstützte er eine Schweizer Agentur, die mit Hollywood über die Verfilmung von Emigrantenschicksalen verhandelte.
zeitzeugen Auf die bald anstehende Zeit ohne Zeitzeugen und die daraus resultierenden grundlegenden Veränderungen in der Erinnerungskultur weist Charlotte Knobloch schon seit geraumer Zeit immer wieder hin. Genau in dieses Raster passen der Dokumentar-Kurzfilm 116 Cameras und das anschließende Podiumsgespräch am 4. Februar im NS-Dokumentationszentrum.
Der Kurzfilm folgt der Auschwitz-Überlebenden Eva Schloss, die Teil eines virtuellen, in die Zukunft gerichteten Projekts des Starregisseurs Steven Spielberg ist. Die von ihm gegründete Shoah Foundation widmet sich digitalen Projektionen von Holocaust-Überlebenden, die mit zukünftigen Generationen interagieren können. 116 Cameras reflektiert dabei, wie sich ihre Rolle als Zeitzeugin der Schoa im Lauf der Jahre verändert hat. In der anschließenden Diskussion wird nicht nur die Vision von digitalen Zeitzeugen thematisiert, sondern auch, wie sich das Erinnern ohne Zeitzeugen verändern wird.
Die Liebe zum Hummus ist im Nahen Osten allgegenwärtig.
Die Liebe zum Hummus ist im Nahen Osten allgegenwärtig, steht aber zum Beispiel auch im Restaurant »Einstein« ganz oben auf der Speisekarte. Am 23. Januar erobert Hummus dann ein paar Schritte weiter im Gemeindezentrum den großen Hubert-Burda-Saal. Dort wird Oren Rosenfelds erfolgreicher Dokumentarfilm Hummus! The Movie gezeigt.
Auch wenn über die Herkunft und das richtige Rezept unterschiedliche Auffassungen bestehen, macht der Film eines deutlich: Die orientalische Spezialität bringt Juden, Muslime und Christen an einen Tisch. In der Ankündigung heißt es: »Ein in jeder Hinsicht köstlicher Film über ein vielseitiges Lebensmittel und eine ebenso bunte Gesellschaft, der Appetit auf mehr macht.«