Die optimale Förderung der Kinder ist einer der elementaren Ansprüche, die zum Selbstverständnis der Israelitischen Kultusgemeinde gehören. Mit Krabbelgruppe, Kindergarten und Grundschule unter dem Dach des Gemeindezentrums am Jakobsplatz besteht seit Jahren ein tragfähiges Fundament.
Doch damit gibt sich IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch nicht zufrieden. »Mein Wunsch ist ein jüdisches Gymnasium in München«, bringt sie ihre Herzensangelegenheit und die geplante Weiterentwicklung des IKG-Bildungsangebots kurz und knapp auf den Punkt.
Konzept Wenn es nach dem Elternbeirat geht, könnte es bereits im Herbst nächsten Jahres mit der ersten Jahrgangsstufe im neuen Gymnasium losgehen. »Das Interesse der Eltern ist riesengroß«, erklären übereinstimmend Miriam Geldmacher, Elinor Shmueloff und Eugen Alter, die sich dabei auf eine erst kürzlich durchgeführte Umfrage berufen. Zusammen mit Guy Fränkel haben sie schon ein Konzept erarbeitet, wie ein privates jüdisches Gymnasium aufgebaut sein könnte. »Da das Gymnasium am Ende staatlich anerkannt sein soll, müssen wir die strengen Auflagen des Kultusministeriums erfüllen«, erklären die Elternbeiräte.
Der Gründung eines jüdischen Gymnasiums stehen bislang allerdings noch einige Hindernisse im Weg. Bislang konnte noch kein geeignetes Gebäude gefunden werden – und die Finanzierung ist nicht gesichert. »Bei so einem wichtigen Projekt, wo es letztendlich um unsere Kinder geht, ist eine solide Finanzierung unabdingbar. Es gibt da keinerlei Spielraum für Experimente«, zieht Charlotte Knobloch eine klare Linie. Sie hofft auf Förderer, die eine langfristige Perspektive ermöglichen. Gespräche dazu sind längst angelaufen.
Schwierig heißt nicht unmöglich. Keiner weiß das besser als Charlotte Knobloch. Die Verwirklichung des Traums vom Gemeindezentrum und der Hauptsynagoge wieder im Herzen der Stadt wäre ohne Förderer nicht möglich gewesen. Der ideellen Unterstützung, ein jüdisches Gymnasium zu etablieren, kann sich die IKG-Präsidentin dagegen schon jetzt ganz sicher sein. »Ich habe viele positive Signale aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen bekommen«, betont sie.
bereichernd Kultusminister Ludwig Spaenle vertritt die Ansicht, dass Privatschulen grundsätzlich gut für die Bildungslandschaft in Bayern sind, wies aber auch darauf hin, dass ihm noch kein konkreter Antrag für ein jüdisches Gymnasium vorliegt und er deshalb nur schwer eine genaue Bewertung im Detail vornehmen könne. Er ist sich jedoch sicher, dass ein jüdisches Gymnasium ein »bereicherndes Element« für das schulische und städtische Leben in München sei. »Zugleich«, so Spaenle, »wäre es auch ein Zeichen für die Vitalität des jüdischen Lebens in München.«
Der Stellenwert, den Spaenle der IKG in München zumisst, die für ihn eine »unverzichtbare Säule im pluralen religiösen Leben in ganz Oberbayern darstellt«, ist ausgesprochen hoch. »Ihre Mitglieder haben in besonderer Weise das kulturelle und gesellschaftliche Leben in München mitgeprägt – und gestalten es mit«, begründet Spaenle seine grundsätzlich zustimmende Haltung zum geplanten Gymnasium.
Nicht nur Charlotte Knobloch zeigt sich von der Qualität im Erziehungs- und Schulangebot der IKG überzeugt. »Wir haben hervorragende Lehrkräfte, und unsere Viertklässler zählen immer zu den besten Schülern der Stadt«, freut sich die Präsidentin über den erzieherischen Erfolg, der sich auch darin zeigt, dass ein Drittel aller Kinder der Sinai-Schule aus einem nichtjüdischen Elternhaus stammt. »Das belegt die hohe Akzeptanz«, betont die Präsidentin.
Ergänzung Schon aus schulpädagogischer Sicht wäre der nahtlose Übertritt der Sinai-Grundschüler in ein jüdisches Gymnasium angesichts der hohen Quote die in sich schlüssige Konsequenz. »Etwa 90 Prozent unserer Viertklässler wechseln auf ein Gymnasium«, sagt Rektorin Anja Weigand-Hartmann. Auch für sie wäre ein jüdisches Gymnasium die ideale Ergänzung.
Charlotte Knobloch fühlt sich auch noch aus einem anderen Grund in der Pflicht. Eines der wichtigsten Ziele in der Gemeindearbeit ist für sie, den Kindern eine optimale Ausbildung zu ermöglichen, vom Kindergarten bis zum Schulabschluss und auch darüber hinaus. »Chinuch, richtige Erziehung, wird im Judentum als kontinuierlicher Prozess gesehen, der nie zu Ende geht. Daran müssen wir uns orientieren.«
Der Elternbeirat schlägt sich derweil mit Personalberechnungen, möglichem Stunden- und Platzbedarf sowie der Einhaltung von Feuerschutzbestimmungen des noch nicht existierenden Gymnasiums herum. Das Konzept wurde jetzt beim IKG-Vorstand eingereicht.