Israel ist in diesem Jahr einer der Schwerpunkte im Programm des Kulturzentrums. Als letzte Veranstaltung vor den Sommerferien besuchte der israelische Journalist Ilan Goren die Kultusgemeinde und las aus seinem Buch Wo bist du, Motek? Ein Israeli in Berlin. Gorens Verlegerin Tanja Graf stellte dem Publikum ihren Autor vor, der heute für den TV-Sender France 24 und den israelischen Channel 2 aus Russland berichtet.
Ilan Goren, geboren 1974 in Jerusalem, studierte Psychologie und Medienwissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem und zog mit Anfang 20 nach Tel Aviv. Seine Karriere als Auslandskorrespondent begann er als Student der London School of Economics in England, wo er 2003 sein Journalismus-Studium beendete. 2010 ging er als Europa-Korrespondent für den israelischen TV-Sender Channel 10 News für zweieinhalb Jahre nach Berlin.
Reporter Die deutsche Hauptstadt ist denn auch der Ausgangspunkt für sein Buch, das »ein kleiner Tanz mit den Geistern« gewesen sei, wie Goren den Gästen der Lesung verriet. Jenen Geistern also, die der Autor bei der Spurensuche nach seinen deutschen Wurzeln begegnete. Doch es ist nicht nur das Berlin der Vergangenheit, sondern auch das von heute, das er als Reporter gut kennenlernte. Das Buch beleuchtet das Deutschland seiner Vorfahren über jene Bundesrepublik, die Goren bei der Fußball-WM 2006 vor den Fernsehschirmen im jüdischen Staat begeistert verfolgte, bis hin zum kreativ-feierwütigen Berlin, das junge Israelis bis heute in seinen Bann zieht.
Seine Berliner Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen haben ihren Niederschlag in dem Buch gefunden, das halb Roman und halb Reportage ist. 2009 war Goren nach Berlin gekommen, nachdem seine Mutter verstorben war. Nach ihrem Tod wollte er mehr über seine Familiengeschichte und sich erfahren. Gleichzeitig ist in seinem Buch auch immer das hippe und moderne Berlin präsent – »die zweitkultigste Stadt der Welt nach Tel Aviv«, so Goren. Der Titel des Buches geht auf die Anrufe seines Auftraggebers zurück, der seinen Berlin-Korrespondenten stets mit der Frage am Telefon begrüßte: »Motek, wo bist du?«
Erfolg Ellen Presser hatte bei ihrer Begrüßung von einem »nachdenklichen« Buch gesprochen, zugleich aber auch einen unterhaltsamen Abend in Aussicht gestellt. Dazu trug nicht nur die spontane Art des Autors bei. Auch die einzelnen Passagen, die der Schauspieler Peter Weiß vortrug, illustrierten auf amüsante Weise skurrile Erlebnisse Gorens und ließen auch weniger freudige Ereignisse nie ins Sentimentale abgleiten. Diese Mischung aus Melancholie und Heiterkeit ist ein wichtiger Grund für den Erfolg des Buches. Einen weiteren Aspekt für die Popularität des Buches hob Goren selbst hervor: Es habe Deutsche und Israelis einander näher gebracht, ist er überzeugt.
War seine in Deutschland lebende Großmutter ihm in gewisser Weise stets fremd geblieben, führten seine Recherchen in Berlin zu neuen Erkenntnissen über seine Familie. Sein Großvater war in den 20er-Jahren ein Mann, der gern vom Ostjuden zum richtigen Berliner werden wollte – einschließlich einer offiziellen Namensänderung. Seine Frau dagegen bemühte sich, von der Christin zur perfekten Jüdin zu werden. »Das war ihre Tragödie«, sagte Goren im Gespräch mit seiner Verlegerin Tanja Graf.