Trauer

»Ein guter Vermittler«

Nur zwei Wochen nach seinem 90. Geburtstag ist Alexander Brenner, der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, am vergangenen Mittwochnachmittag verstorben. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, nahm die Nachricht vom Tode Alexander Brenners mit Erschütterung zur Kenntnis. »Der frühere Berliner Gemeindevorsitzende, der bis zu seinem Tod auch Mitglied im Direktorium des Zentralrats war, hat sich in herausragender Weise für die jüdische Gemeinschaft engagiert«, sagte Schuster.

Vor allem seine diplomatischen Fähigkeiten habe Brenner immer wieder gewinnbringend eingesetzt. »Die Integration der russischsprachigen Zuwanderer lag ihm besonders am Herzen. Dabei haben wir alle von seiner reichen Erfahrung aus seinen Tätigkeiten im Ausland profitiert. Wir werden Alexander Brenner ein ehrendes Andenken bewahren.«

»Mit Alexander Brenner verliert die Jüdische Gemeinde zu Berlin eine herausragende Persönlichkeit und einen weit über die Gemeinde hinaus geschätzten Menschen, der für sein fundiertes Wissen über die jüdische Religion, jüdische Geschichte und jiddische Literatur generationenübergreifend bewundert wurde«, sagte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Israel Brenners Stimme bei der Bekämpfung des Antisemitismus und sein Einsatz für einen lebensfähigen Staat Israel in sicheren Grenzen bleibe unvergessen. »Die Jüdische Gemeinde zu Berlin wird ihm ein immerwährendes Andenken bewahren«, betonte Joffe.

»Mit ihm verliert die deutsche Hauptstadt einen ganz wichtigen Mittler jüdischen Lebens«, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Brenner habe sich als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin um den Ausgleich von liberalen und orthodoxen Juden sowie die Integration der zugezogenen Neumitglieder sehr verdient gemacht.

Besonders hervorzuheben sei zudem sein Wirken im Kuratorium der Stiftung »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« sowie sein Engagement im Rahmen des »Bands für Mut und Verständigung«, so Müller. 2008 war Brenner mit der Stadtältestenwürde des Landes Berlin geehrt worden.

leben Brenner kam 1925 in dem polnischen Städtchen Tomaszów bei Lublin zur Welt. 1940 wurde die Familie nach Sibirien deportiert. Dort machte er Abitur. Nach Kriegsende zog seine Familie dann über Stettin nach Deutschland. In Erlangen und Berlin studierte Brenner Chemie. 1964 promovierte er über »Dampfdruckmessungen von Hochpolymer-Lösungen im Bereich der Glastemperatur«, später arbeitete er im Hahn-Meitner-Institut und im Bundesgesundheitsamt.

Anschließend war Brenner für den Auswärtigen Dienst tätig: zunächst als Wissenschaftsattaché in der Deutschen Botschaft Moskau, von 1982 bis 1990 in gleicher Funktion an der Deutschen Botschaft in Tel Aviv. Nach dem Mauerfall war er unter anderem Berater mehrerer wissenschaftlicher und industrieller Institutionen.

Diplomatisches Geschick bewies er auch von 2001 bis 2004 als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und in den Gremien des Zentralrats der Juden. Er habe als Berliner Gemeindevorsitzender »zu einer sehr guten Entwicklung der Gemeinde entscheidend beigetragen«, würdigte Zentralratspräsident Josef Schuster Brenners Engagement.

trauer Am Freitag wurde Alexander Brenner auf dem Friedhof Heerstraße beigesetzt. Unter den Trauergästen waren der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, und die ehemaligen Gemeindevorsitzenden Lala Süsskind und Albert Meyer. Dieser erinnert sich an Alexander Brenner als »einen Ehrenmann«. Bürgermeisterin und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) würdigte Brenners aufrichtige und klare Haltung. Berlin verliere einen engagierten und sehr geachteten Bürger, dessen Vermächtnis aber weiterlebe.

Rabbiner Yitshak Ehrenberg sprach in seiner Trauerrede über Shaja ben Moische – so der jüdische Name Brenners – als einen stets bescheidenen Menschen, einen stolzen Juden, der sein Leben seinem Volk und seiner Gemeinde gewidmet habe: »Er hat nicht für sich gelebt, sondern für die Allgemeinheit.«

»Er war ein kluger Mann, der die Probleme der jüdischen Gemeinschaft im Blick hatte«, erinnert sich der Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums, Julius H. Schoeps, der Alexander Brenner seit über 50 Jahren kannte. »Dank seiner Sprachkenntnisse war er ein guter Vermittler.«

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