Sein Geist und seine Agilität beeindruckten jeden, der ihn traf. Noch bis vor Kurzem hielt Leo Trepp sel. A. regelmäßig in Berlin, Mainz und Oldenburg Vorträge und gab Seminare. Im Mai sprach er anlässlich seines 75-jährigen Promotionsjubiläums in Mainz. Am 2. September ist der Philosoph, Philologe und ehemalige Landesrabbiner am Vorabend der Eröffnung der neuen Synagoge seiner Heimatstadt Mainz in San Francisco gestorben. Er wurde 97 Jahre alt.
Mit Berlin verbanden ihn Ausbildung und Lehre. Hier studierte er, aus Frankfurt kommend, Philosophie und Philologie. Nach seiner Promotion in Würzburg kehrte er in die damalige Reichshauptstadt zurück, absolvierte eine rabbinische Ausbildung an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und erhielt seine Smicha. Danach ging er 1936 als Landesrabbiner nach Oldenburg, bis der Novemberpogrom 1938 seinem Wirken in Deutschland ein jähes Ende setzte. Er emigrierte nach England,
später übersiedelte er in die USA.
Ehrungen Zu Gastprofessuren kehrte er immer wieder nach Deutschland zurück. Die Gemeinde Oldenburg hat ihm viel zuverdanken. Bei deren Gründung 1992 hat er sich maßgeblich dafür eingesetzt, dass die Stadt Oldenburg der Gemeinde das Haus in der Wilhelmstraße 15 als Synagoge zur Verfügung stellte. Während seiner Besuche in Deutschland hat er es nie versäumt, in »seiner« Gemeinde – auf die er sehr stolz war – am Gebet teilzunehmen. Die Ehrenbürgerwürde der Stadt Oldenburg, der Ehrendoktor der Carl-von-Ossietzky-Universität und die Auszeichnung durch die »Oldenburgische Landschaft« haben sein Zugehörigkeitsgefühl bestärkt.
Die Gemeinde hatte in »ihrem« Rabbiner immer einen besonnenen, zukunftsweisenden und hochgeschätzten Ratgeber. Mir persönlich ist Rabbiner Trepp ein außergewöhnlicher Lehrer gewesen. Sein präziser Blick auf die Situation der jüdischen Gemeinden und seine unvergesslichen Textauslegungen werden mir und uns allen fehlen.
Hohe Auszeichnungen und Ehren wurden Leo Trepp auch in Amerika zuteil: 1979 erhielt er die George-Washington-Ehrenmedaille der Heritage Foundation, 1985 den Doctor of Divinity honoris causa vom Hebrew Union College/Jewish Institute of Religion. Die Universität Würzburg ehrte ihn mit dem Goldenen Doktor-Diplom. 1993 bekam er die Johannes-Gutenberg-Plakette der Stadt Mainz, seit 1996 war er Ehrensenator der Universität Mainz. 1997 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen.
Gern hätte die Gemeinde Oldenburg den ehemaligen Landesrabbiner zur Ordinierung ihrer neuen Gemeinderabbinerin begrüßt, doch der letzte Rabbiner, der noch in der Nazi-Zeit amtiert hatte, lebt nicht mehr.
Möge seine Seele im Bündel des Lebens aufgehoben sein, möge seine Familie getröstet werden.