Zum zweiten Mal in diesem Jahr konnte Präsidentin Charlotte Knobloch den Abiturienten aus der Münchner Gemeinde zu ihrem Schulabschluss gratulieren. Im Frühjahr waren es die Absolventen des letzten Jahrgangs des neunklassigen Gymnasiums gewesen. In der vergangenen Woche waren es die Schüler und Schülerinnen des G8, die nach der Gymnasialreform in Bayern erstmals nach nur zwölf Schuljahren die Hochschulreife erlangt hatten. »Ihr Jahrgang ist eine Besonderheit«, betonte denn auch Charlotte Knobloch in ihrer Gratulationsrede. »Sie mussten Pionierarbeit leisten.«
Die elf Absolventen hatten nicht mehr wie ihre Vorgänger einen Leistungskurs belegen können. Gleichwohl standen sie vor einer ebenso großen Herausforderung: dem wissenschaftlichen Propädeutikum. Damit sollen die bayerischen Abiturienten bereits in der letzten Gymnasialklasse an das wissenschaftliche Arbeiten der Universität herangeführt werden.
Identität Dass die Absolventen diese Herausforderung »hervorragend gemeistert« haben, bestätigte ihnen auch der Leiter des religiösen Erziehungswesens der IKG, Marcus Schroll. Er ging auch auf die Inhalte ein: »Wir haben gemeinsam sowohl im Religionsunterricht als auch im wissenschaftspropädeutischen Seminar sehr intensiv über unsere jüdische Identität gelernt und diskutiert, vor allem über unsere Verantwortung, die wir als Juden gegenüber unserer Umwelt und in unserer Gesellschaft tragen.«
Dass das Lernen darüber bereits im Kindergarten und der Sinai-Grundschule begonnen hat, verdeutlichten zwei der Abiturientinnen mit einem kleinen Gedicht. Ihr Dank galt dabei allen ihren Erzieherinnen und Lehrern, vornehmlich Chani Diskin und Michaela Rychla sowie Marcus Schroll. Dieser gab den Eltern auch einen Einblick in die Lerninhalte: »Wir haben über unsere bewegte Geschichte gelernt, wir haben uns mit unserer Gebetstradition auseinandergesetzt, und haben viel über unsere reiche Traditionsliteratur erfahren.«
Lernen Immer habe dabei die Beschäftigung mit der Tora, dem Kernstück jüdischer Identität, den Mittelpunkt des Unterrichtes gebildet. Zu seinen Schülern gewandt, zitierte Schroll aus den Sprüchen der Väter: »Wer lernt, um zu lehren, dem gewährt man Genüge, zu lernen und zu lehren; aber wer lernt, um zu erfüllen, dem Gewährt man genüge, zu lernen und zu lehren, zu hüten und zu erfüllen.«
Und er fuhr fort: »Dies war wohl auch unser gemeinsames Leitmotiv für den Unterricht. Unsere Chachamim erklären hierzu, dass schon die Absicht, das Gelernte weiter zu lehren selbst förderlich ist, weil sie den Lernenden zu gründlichem Eindringen in die Materie und zu größerer Klarheit bringt. Die Gebote der Tora im Alltag umzusetzen, ist der höchste Zweck des Lernens.«
Die Absolventen hatten ihr Abitur an verschiedenen Münchner Gymnasien abgelegt, am Nymphenburger, am Lion- Feuchtwanger-, am St.-Anna-, am Albert- Einstein-, am Adolf-Weber-, am Oskar-von-Miller sowie am Luitpold-Gymnasium. Dessen Direktor Bernd Hieronymus war ebenso zur Abschlussfeier gekommen wie die Ministerialbeauftragte Gertrud Hoppe.
Für das Kultusministerium war Ministerialrat Peter Kempf unter den Gratulanten. Zu diesen gewandt sprach Charlotte Knobloch einmal mehr den Wunsch nach einem eigenen jüdischen Gymnasium in München aus.
Beim anschließenden Buffet tauschten alle Erinnerungen an die Schulzeit aus. Im Mittelpunkt stand dabei die wenige Tage zuvor stattgefundene Reise der Abiturienten nach Berlin. Als Dankeschön dafür überreichten sie Marcus Schroll und Präsidentin Knobloch ein kleines Fotobuch mit ihren Erlebnissen.