Vollblut-Lehrerin durch und durch, Mutter mit Herz und Verstand – nicht nur für ihre beiden Töchter, sondern auch für ihre Schule, die I. E. Lichtigfeld Schule im Philanthropin. Welch ein passender Name für eine Schule, deren Rektorin Alexa Brum ist. 22 Jahre hat sie die jüdische Schule in Frankfurt geleitet.
Brum verstand ihren Auftrag genau so, wie Rabbiner Lichtigfeld ihn schon in den 60er-Jahren als Herzenswunsch formuliert hatte – mit der ersten jüdischen Schule in Deutschland nach dem Krieg wieder jüdisches Leben in Deutschland zu verwurzeln: »Ein zartes Pflänzchen« nannte Landesrabbiner Isaak Emil Lichtigfeld die Schule bei der Eröffnung am 18. April 1966. »Ein zartes Pflänzchen, das noch viel begossen werden muss.«
Ruth Moritz leitete die Schule 26 Jahre lang und brachte das »Pflänzchen« zum Blühen – Alexa Brum brachte es zum Wachsen und Gedeihen. Es ist auch ihr Verdienst, dass die Schule seit dem Jahr 2006 im Philanthropin untergebracht ist – dem Haus, das für Menschlichkeit steht und das so viele in der NS-Zeit aus Frankfurt vertriebene Juden noch als »ihre Schule« in Erinnerung haben.
Nachfolge Am 25. Juli überträgt Alexa Brum ihrer Nachfolgerin Noga Hartmann eine Aufgabe, die sie über all die Jahre mit schier unerschöpflicher Energie und ganzem Herzblut erfüllt hat. Und die Messlatte liegt hoch: So versucht die baldige Pensionärin als Grundsatz in all ihrem Tun stets in jedem Menschen, vor allem in jedem Kind, das Gute zu sehen. An oberster Stelle stand für sie in ihrer Arbeit, das Menschwerden zu stärken: »Jüdisches Wissen soll durch ständige Praxis gefestigt und die Identitätsbildung weiter gestärkt werden«, schrieb sie zum 40-jährigen Bestehen der Schule.
Genauso wichtig waren ihr Themen wie Toleranz- und Demokratiebildung. In diesem Bestreben entwickelte sie immer wieder neue Ideen, die sie mit großem Enthusiasmus in die Tat umsetzte. Sowohl im Unterricht, den sie durch mannigfaltige Projekte anschaulich gestaltete, als auch in den großen Entwicklungen, die die ganze Schule betrafen.
Entwicklung So wurde aus einer kleinen familiären Grundschule mit Förderstufe eine große Bildungsstätte mit derzeit 403 Schülern, die den Kindern und Jugendlichen zehn Jahre ihrer Schulzeit, nämlich von der Eingangsstufe bis zum Ende des Mittelstufengymnasiums, diese Werte vermittelt. »Die Schule wäre nicht geworden, was sie heute ist, wenn es eine Alexa Brum nicht gegeben hätte«, sagt Beni Bloch, im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt Dezernent für die Lichtigfeld-Schule, über sie.
Als Alexa Brum 1992 aus Wiesbaden, wo sie an der Anton-Gruner-Schule als Grundschullehrerin gearbeitet hatte, an die Lichtigfeld-Schule kam, fand sie ein Kollegium aus knapp 20 Mitgliedern, vornehmlich Lehrerinnen, vor. Mit ihren vielen neuen Vorstellungen hatte sie es nicht immer leicht, sich gegen bestehende Strukturen durchzusetzen. Dank ihrer Beharrlichkeit und auch ihrer Fähigkeit, Kompromisse zu finden, wurden die meisten ihrer Ziele verwirklicht. Anfangs war sie neben ihrer Funktion als Schulleiterin auch als Klassenlehrerin tätig.
Aussendarstellung Später haben die administrativen Aufgaben einer sich stets vergrößernden Schule so viel Zeit in Anspruch genommen, dass das Unterrichten zeitlich nicht mehr möglich war. Sie zeigte Interessierten, wie etwa Kirchengemeinden oder honorigen Persönlichkeiten wie US-Botschaftern, die Schule, gab Zeitungen und Zeitschriften wie der »Zeit« oder dem »Spiegel« Interviews, war Mitautorin des Buchs Ich bin, was ich bin, ein Jude und Mitherausgeberin von Kinderwelten. Ein jüdisches Lesebuch, nahm an Fortbildungen und Konferenzen teil.
Dies alles machte ihr zwar viel Freude und förderte die Reputation der Schule – dass sie keine Zeit mehr fürs Unterrichten hatte, bedauerte sie jedoch immer zutiefst. Als sie im vergangenen Schuljahr doch noch einmal die Gelegenheit dazu hatte, war sie sehr erfreut. Denn bei allem Elan für das Entwickeln und Planen neuer Visionen war und ist das Unterrichten ihre größte Leidenschaft. Ihr Unterricht ist alles andere als theoretische Wissensvermittlung.
Methodik Mit ihren handlungsorientierten Methoden schafft sie es, alle Schüler zu motivieren und zu begeistern. So brachte sie den Schülern zum Beispiel die Chanukkageschichte, den Sieg der wenigen Makkabäer über das übermächtige griechische Heer, nahe, indem sie die Szenerie von den Schülern im Foyer des Schulgebäudes nachspielen ließ.
Das Lehren liegt ihr im Blut. Egal ob sie mit den Kindern Hochbeete bepflanzt, T-Shirts batikt oder eine Wanderung macht, immer ist sie voll dabei und die Schüler mit ihr. Sie packt an und stellt dabei nie ihre Funktion in den Vordergrund. Und es gelang ihr, dass viele Schüler zwar von der »lieben süßen Frau Brum« sprachen, gleichzeitig aber allergrößten Respekt hatten, wenn sie wegen eines Vergehens oder schlechten Benehmens zu ihr ins Rektorinnenzimmer geschickt wurden.
Ansprechbar Alexa Brum war nie die Schulleiterin, die hinter verschlossener Tür agierte. Für jeden hatte sie ein offenes Ohr, egal, ob Schüler oder Kollegen und Eltern mit ihren Nöten auf sie zukamen. Sie war Ansprechpartnerin und Bindeglied zwischen Schule, Jüdischer Gemeinde – Trägerin der Schule – und Rabbinat. Dies war eine große Herausforderung.
Eine herausragende Fähigkeit liegt in ihrer Eloquenz. So kann sie aus dem Stegreif wunderbare Reden halten und druckreif formulieren. Vielleicht hat ihr dabei geholfen, dass sie schon immer gerne und viel gelesen hat, nicht nur jüdische Literatur.
Im September, wenn die Schule für die anderen wieder beginnt, kann sie dieser Leidenschaft mit Freude auf der Terrasse ihres Häuschens in Frankreich nachgehen. Dass dort eine 66-jährige Pensionärin mit 44 Dienstjahren, von denen sie 22 Jahre Schulleiterin war, sitzt, wird niemand vermuten. Ein Fremder sieht vielleicht nur die attraktive, jugendlich wirkende Frau. Wer sie kennt, weiß, dass in ihr noch viel Energie steckt, um den für sie erfreulichen neuen Lebensabschnitt anzupacken.