Ehrentag

Die heilige Stadt

Im Jerusalem in Geschichte und Gegenwart ging es am Vorabend von Jom Jeruschalajim im Münchner Gemeindezentrum. Torah MiZion und die Münchner Gruppe der Zionistischen Organisation Deutschlands (ZOD) hatten eingeladen, um gemeinsam die Wiedervereinigung der Stadt vor 44 Jahren zu feiern. Den Organisatoren und ihren vielen Helfern war es gelungen, die Gäste dabei nicht nur geistig, sondern auch emotional auf die Stadt einzustimmen.

Ein bisschen Schuk-Atmosphäre verbreiteten Obst, Gemüsekisten und andere Waren, wie sie der alte Markt bietet. Ebenso wie die Kotel in Jerusalem konnte man den Saal auch nicht geradewegs erreichen, sondern musste schmale Gässchen über die Stufen und einen engen Gang durch den angedeuteten Markt nehmen. Im abgedunkelten Saal empfingen die Besucher dann Bilder der Stadtmauer und der westlichen Mauer unter dem Tempelberg – und das von drei Seiten, sodass man sich mitten in der Altstadt fühlen konnte. Aus den Lautsprechern erklangen leise Lieder, die von der Stadt erzählten.

Kotel Die eingeblendeten Fotos zeigten Bilder aus dem Sechs-Tage-Krieg, auch jene berühmte Aufnahme der drei Soldaten vor der Klagemauer. »Wir feiern heute Israel und dessen geeinte und alleinige Hauptstadt Jeruschalajim – wir feiern die Wunder der Vergangenheit und die Wunder der Zukunft.

Vor allem aber feiern wir die Menschen, die in den vergangenen Jahrzehnten unbeirrbar ihre ganze Kraft, ihr ganzes Herz und ihre ganze Seele für ihre Überzeugung, für Erez Israel, aufgebracht haben«, betonte Präsidentin Charlotte Knobloch in ihrer Begrüßungsrede. »Jom Jeruschaljim ist kein Tag wie jeder andere – und er soll kein Tag wie jeder andere sein«, sagte sie weiter und freute sich, dass sie unter den Gästen neben Vorstandsmitgliedern für die Veranstalter Raw Yechiel Brukner und Thomas Münz von der ZOD sowie die Studenten und dem Jugendzentrum besonders viele Jugendliche begrüßen konnte.

Sie erinnerte an die Gefühle, die Israel und die jüdische Welt an jenem Tag vor 44 Jahren beherrschten: »Als wäre es gestern gewesen, so sehe ich noch den Stolz und die schier unermessliche Freude im Gesicht von Moshe Dayan, als er gemeinsam mit Itzhak Rabin durch das Löwentor der Altstadt schritt. Sie hatten ha Kotel ha ma’arawi befreit. Erstmals hatten die Juden wieder freien Zugang zur westlichen Mauer! Auf dem Zettel, den Moshe Dayan in den Ritzen der Kotel hinterließ, stand: ›Möge Frieden in das ganze Haus Israel einziehen‹«.

Die Präsidentin sprach aber auch von den Sorgen, die sie aufgrund der aktuellen politischen Entwicklung im Nahen Osten bedrücken, »scheint es doch, als wendete sich die Welt mehr und mehr von Israel ab«. Umso wichtiger sei es »unsere Solidarität zu zeigen, unsere tiefe Verbundenheit zu demonstrieren«.

Talmud Wie lange die Verbundenheit mit Jerusalem in der Geschichte zurückreicht, unterstrich der Arzt und Gelehrte Benjamin Gesundheit. Er zeigte die Stellen in Talmud und Tora, er zitierte die großen jüdischen Denker in Europa nach der Zerstörung des Zweiten Tempels.

Dabei waren die Anwesenden immer wieder eingebunden – durch das Lesen von Textstellen ebenso wie mit Liedern, die von Nir Klingel aus der Gruppe der Torah-MiZion-Studenten mit Gitarre und Mundharmonika begleitet wurden. Dieses fünfköpfige Team aus Israel hatte maßgeblich bei der Gestaltung des Abends mitgewirkt. Gesundheit betonte die Ausrichtung der Synagogen nach Jerusalem, zeigte, wie wichtig der Gedanke an Zion im Alltag ist, auch wenn sich nicht mehr jeder der Ursprünge erinnert.

Ein eindrucksvolles Beispiel war eine kleine Skizze, an Hand derer er die Wechselbeziehung von Jerusalem und den zum Gebet versammelten Menschen verdeutlichte. Aus dem Aron ha Kodesch, der immer nach Jerusalem ausgerichtet ist, wird die Tora durch die Reihen der Beter getragen. Sie kommt von Zion zum Volk, um nach der Lesung symbolisch wieder nach Zion zurückzukehren. Der gesungene Gebetstext sagt dies ganz klar: »Denn von Zion geht die Tora aus und Gottes Wort aus Jeruschalajim.«

Hatikwa Die Nähe zu dieser Stadt wurde an der Begeisterung spürbar, mit der anschließend die Besucher des Abends gemeinsam das Lied »Jeruschalajim schel Zahav« sangen.

Da zeigte sich, wie treffend das Motto »Jerusalem in meinem Herzen« gewählt war. Mit der »Hatikwa« schloss der Abend und klang dann im Foyer bei Essen und guten Gesprächen aus.

Frankfurt/Main

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