In der Erinnerungskultur der Stadt München ist Kurt Eisner, Bayerns erster Ministerpräsident, viele Jahrzehnte lang weitgehend untergegangen. Immerhin fand jetzt anlässlich seines 100. Todestages am 21. Februar eine Gedenkstunde mit Oberbürgermeister Dieter Reiter im Rathaus statt.
Die Israelitische Kultusgemeinde ist mit Kurt Eisner (1867–1919), Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten, über dessen Tod hinaus eng verbunden. Auf dem Neuen Israelitischen Friedhof in der Garchinger Straße sind die sterblichen Überreste von Bayerns erstem Ministerpräsidenten bestattet.
Verpflichtung Am Donnerstag vergangener Woche besuchten vier Enkel Eisners das Grab des Revolutionärs und Politikers. An der schlichten Zeremonie, die der Aktionskünstler und Politaktivist Wolfram Kastner angeregt hatte, nahm spontan auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, teil. Für sie, so bemerkte sie nach dem kleinen Gedenkakt, sei dies eine Verpflichtung gewesen. Schon früh hatte sie in ihrer Amtszeit auf die fehlende Erinnerungskultur im Falle Kurt Eisners hingewiesen.
Schon früh hatte Charlotte Knobloch auf die fehlende Erinnerungskultur im Falle Kurt Eisners hingewiesen.
Die vier Enkelkinder des linken Politikers, der 1918 die Novemberrevolution in München angeführt hatte und nach dem Sturz des letzten bayerischen Königs Ludwig III. am 8. November von der Versammlung der Arbeiter- und Soldatenräte zum ersten Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern gewählt wurde, besuchten am Vormittag auch jene Stelle in der Kardinal-Faulhaber-Straße, an der ihr Großvater ermordet worden war. An die tödlichen Schüsse, die der Nationalist Anton Graf von Arco auf Valley abfeuerte, erinnert dort seit 1989 eine in den Gehsteig eingelassene Reliefplatte der Künstlerin Erika Maria Lankes.
Mordanschlag Der Mordanschlag ereignete sich, als sich Kurt Eisner auf dem Weg zur konstituierenden Sitzung des Landtags befand. Dort wollte er nach einer empfindlichen Wahlniederlage der USPD bei den Landtagswahlen seinen Rücktritt bekanntgeben.
Auf dem Israelitischen Friedhof fand Kurt Eisner erst über einen Umweg seine letzte Ruhestätte. Zunächst war er auf dem Münchner Ostfriedhof beigesetzt worden. Im Jahr 1933 wurde er aber auf Betreiben mehrerer nationalsozialistischer Stadträte auf den Israelitischen Friedhof umgebettet. Sein Urnengrab befindet sich neben dem von Gustav Landauer, der wenige Wochen nach Eisner ebenfalls einem politischen Mord zum Opfer fiel. hr