Rabbiner Konstantin Pal faltet den Tallit zusammen, streicht ihn mit der Hand glatt und legt ihn auf den Tisch, der neben dem Rednerpult steht. Jetzt ist er Militärrabbiner – der erste in Leipzig. Und einer der wenigen, die einen Tallit in Tarnfarben haben. Was sich dahinter verbirgt, bringt die Gäste, die am Donnerstagnachmittag in die General-Olbricht-Kaserne in Leipzig gekommen sind, zum Schmunzeln.
Gerade ist Pal in sein Amt als Militärrabbiner eingeführt worden, jetzt denkt er in seiner Rede darüber nach, welches Verhältnis das Judentum zum Krieg, welches zum Frieden hat.
An Pals Revers haftet ein Anstecker. Ein spezieller, sagte Militärbundesrabbiner Zsolt Balla, während er ihn anbrachte. Nur wenige dieser blauen Anstecker mit Davidstern und dem Schriftzug »Militärrabbinat« gibt es. Pal erhält den ersten.
Rückblick Nachdem im Dezember 2022 mit der Verbeamtung die Amtseinführung als staatliche Beauftragung stattfand, erfolgte am Donnerstagnachmittag nun die religiöse Amtseinführung durch Rabbiner Andreas Nachama.
Mit der Amtseinführung des Militärbundesrabbiners Zsolt Balla in der Brodyer Synagoge in Leipzig hatte im Juni 2021 der Aufbau der jüdischen Militärseelsorge in der Bundeswehr begonnen. Grundlage ist ein Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden von 2019.
»Lange Zeit schien es eine unerreichbare Idee, Vision oder Fantasie zu sein. Eine jüdische Militärseelsorge für die Bundeswehr. Gleichberechtigt neben der katholischen und evangelischen Militärseelsorge«, sagt Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, in seiner Rede. Viele Jahre sei es für jüdische Eltern und Großeltern undenkbar gewesen, ihren Sohn, Tochter, Enkel oder Enkelin als Soldaten in der Bundeswehr zu sehen.
»75 Jahre nach Ende der Schoa haben die Bundesregierung und die jüdische Gemeinschaft diesen historischen Schritt gewagt.«
Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann
»75 Jahre nach Ende der Schoa haben die Bundesregierung und die jüdische Gemeinschaft diesen historischen Schritt gewagt. Und so wurde hier in Leipzig vor zwei Jahren die Amtseinführung von Militärbundesrabbiner Balla gefeiert.« Es sei ein bewegender Moment für die jüdische Gemeinschaft, für die Bundeswehr, letztlich für unsere demokratische Gesellschaft gewesen, betonte Botmann.
»Dass wir heute einen weiteren Meilenstein beim Aufbau des Militärrabbinats feiern können, knüpft daran an.« Mit Pal werde der erste Militärrabbiner feierlich in sein Amt eingeführt. »Ich freue mich sehr, dass wir mit Ihnen, lieber Herr Rabbiner Pal, einen engagierten und erfahrenen Rabbiner für dieses Amt gewinnen konnten«, sagt Botmann.
Studium Konstantin Pal war seit 2010 Rabbiner der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Er wurde 1979 in Moskau geboren und wanderte als Zehnjähriger mit seiner Familie nach Deutschland aus. Er studierte Jüdische Studien, Religionswissenschaften und Slawistik an der Universität Potsdam, ließ sich am Abraham Geiger Kolleg zum Rabbiner ausbilden und wurde 2010 ordiniert.
Die Leipziger Außenstelle des Militärrabbinats ist eine von fünf Dependancen deutschlandweit. Das Team in Leipzig ist für alle Bundeswehr-Dienststellen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Hessen zuständig.
Lesen Sie einen ausführlichen Artikel in der kommenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen.