Fest

Der erste Tag

Schon im Vorraum des Hubert-Burda-Saals war am Vormittag des 12. September nur schwer auszumachen, wer aufgeregter war – die neuen Erstklässler oder deren Eltern. Gemeinsam gingen die Mütter und Väter zur Einschulungsfeier in das Gemeindezentrum, nicht ohne zuvor noch die Schultüten ihrer Kinder vom Regenschutz zu befreien und ihrem Nachwuchs aufmunternde Worte für den neuen Lebensabschnitt mit auf den Weg zu geben.

Im Saal begrüßte dann als Erste Charlotte Knobloch die neuen Erstklässler der Sinai-Schule und zitierte aus dem Talmud. »Die Welt«, sagte die Präsidentin, »besteht nur dank des Atmens der Kinder in der Schule.« Und weiter: »Mit dem heutigen Tag, liebe Schülerinnen und Schüler, ist es euer Atmen, das uns und die Welt bereichern wird.«

Leitung Ein besonderer Willkommensgruß der Präsidentin galt der neuen Rektorin Anja Weigand-Hartmann, die ab diesem Schuljahr gemeinsam mit Marcus Schroll, der für den jüdischen Unterrichtsbereich zuständig ist, die Sinai-Schule leiten wird. »In der kurzen Zeit, in der ich Sie erleben durfte, habe ich Sie als leidenschaftliche Pädagogin kennengelernt, der das Wohlergehen und das schulische Vorankommen jedes einzelnen Kindes am Herzen liegt«, sagte Charlotte Knobloch über die Pädagogin aus dem unterfränkischen Rhön-Grabfeld. Ebendort, in ihrer Heimat, hatte Weigand-Hartmann eine Grundschule sieben Jahre lang geleitet.

Die Einstellung der Pädagogin und Mutter von zwei Kindern entspreche genau der Tradition, die an der Sinai-Schule seit Jahrzehnten gepflegt werde, betonte Knobloch: »Es ist uns wichtig – und dafür stehe ich ein –, dass die Schülerinnen und Schüler, die uns anvertraut werden, in einer herzlichen und warmen Atmosphäre lernen und fit für die Zukunft werden können.« Zu der neuen Schulleiterin gewandt, sagte sie: »Das haben Sie sich als Lehrerin und Rektorin zur Devise gemacht, und ich freue mich, dass Sie dies von nun an hier bei uns realisieren werden.«

Marcus Schroll begrüßte im Anschluss an die Eröffnungsrede von Charlotte Knobloch ganz besonders die Erstklässler, denen er einen Satz von Moses mit auf den Weg gab: »Meine Lehre rinne wie der Regen, und meine Rede riesele wie der Tau, wie der Regen auf das Gras und wie der Tropfen auf das Kraut.« Dann stellte er die neue Religionslehrerin an der Sinai-Schule vor: Katharina Begusin. Sie hat bisher Vorschulkinder an der Lauder-Schule in Berlin unterrichtet.

Spannung Als wenig später die neue Rektorin Anja Weigand-Hartmann ans Mikrofon trat, waren vor allem die Erwachsenen gespannt. »Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt den Kindern, für die heute der erste Schultag ist«, sagte sie und bekannte, dass sie an ihrem ersten Tag an der Sinai-Schule mindestens so aufgeregt wie die Erstklässler sei.

Damit waren die Reden erst einmal zu Ende. Die Klasse 2c begrüßte die Neuankömmlinge schließlich mit einem Lied. Der Refrain machte das Miteinander der Sinai-Schulfamilie deutlich: »Du gehörst zu uns, wir gehören zu dir – drum bleib nicht draußen vor der Tür!«

Begleitet von Bildern aus dem Schulalltag, die auf die Rückwand der Bühne projiziert wurden, erzählten die Kinder der dritten und vierten Klassen, was die Neuankömmlinge alles erwartet. Viele der ABC-Schützen kennen zwar bereits die Mensa und die Schulterrasse aus ihrer Kindergartenzeit, aber für einige ist das Haus neu.

Erfolg Nachdem die Viertklässler die jüngsten Mitschüler mit dem Lied Schalom Chaverim begrüßt hatten, richtete Rabbiner Arie Folger einige Worte an die Kinder: Erfolg zeige sich nicht nur in Gestalt guter Noten, sondern auch darin, wie sich das Gelernte im Leben auswirke, befand der Rabbiner. So wünschte er den Kindern und ihren Eltern viel Spaß beim Lernen.

Dann wurden die Erstklässler namentlich aufgerufen und gingen mit ihren Klassenlehrerinnen in ihre Unterrichtsräume. Die Riesen-Schultüten hielten die ABC-Schützen dabei natürlich im Arm, ebenso ihre neuen, bunten Schultaschen. Derweil hatten die Eltern Gelegenheit, sich kennenzulernen. Gegen Mittag konnten sie mit ihren Kindern den Heimweg antreten – und sich vom ersten Schultag erzählen lassen.

Mancher Mutter und manchem Vater klangen da wohl auch noch die Worte von Präsidentin Knobloch in den Ohren. Sie selbst, Mutter dreier Kinder, könne sich gut in die Situation hineinfühlen, vor der Eltern heranwachsender Kinder stehen: sie ein Stück weit loslassen auf ihrem Weg zu einem eigenen, selbstständigen Leben.

Das, meinte die Präsidentin, »ist nicht leicht und ist – bei aller Freude über die Einschulung – auch mit einem Hauch Wehmut verbunden. Diesen möchte ich Ihnen nehmen. Ich versichere Ihnen, dass wir als Gemeinschaft Sinai-Schule alles daran setzen, dass es Ihren Kindern an nichts mangelt. Wir möchten, dass sie mit Freude und mit Freunden ans Lernen gehen können.«

Frankfurt/Main

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