Vor zwei Wochen wurde in Weiden/Oberpfalz ein Platz nach dem langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde benannt. Der Hermann-Brenner-Platz führt auf dem Technologie-Campus an der Hochschule Amberg-Weiden zu den verschiedenen Bildungseinrichtungen. Hermann Brenner (1916–2004) war über 40 Jahre lang Vorstand der Gemeinde.
Auch international kennt man den Namen Brenner heute durch seinen Sohn Michael, der als renommierter Professor für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München lehrt, sowie durch seinen Sohn Leonhard, der einen weit über die Grenzen Deutschlands bekannten Fotoversand führt.
signal Dass sich unter den Festgästen auch die Präsidentin der IKG München und Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, Charlotte Knobloch, sowie der Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befanden, zeigt, dass dieses lokale Ereignis über die Stadtgrenzen hinaus Bedeutung und Signalwirkung hat.
»Die Benennung dieses Platzes nach Hermann Brenner ist ein wichtiges Signal«, betonte Charlotte Knobloch in ihrer Rede: »Ist doch Hermann Brenner wahrlich eine Persönlichkeit, ein Mensch, den es zu ehren gilt und dessen würdiges Andenken uns auch und gerade heute und künftig den richtigen Weg des Miteinanders weist.«
Und das in mehrfacher Hinsicht: Die Persönlichkeit von Hermann Brenner wirft ein Schlaglicht auf das Engagement der Holocaust-Überlebenden, die sich für den Erhalt und die Fortsetzung der jüdischen Gemeinschaft nach der Schoa in Deutschland eingesetzt haben. In der kleinen Stadt Weiden war damit zwangsläufig auch eine Öffnung hin zur deutschen Gesellschaft verbunden.
annäherung Zwischen 1945 und 1949 war Weiden Durchgangsstation für etwa 1000 jüdische Flüchtlinge aus Polen, unter ihnen auch Hermann Brenner. Er baute sich in Weiden eine Existenz auf, gründete eine Familie und machte jüdisches Leben wieder möglich. Brenners berufliches Engagement, zunächst mit einer Leihbücherei und einem Antiquariat, dann im Textilgeschäft, sowie vor allem seine Sportbegeisterung bei Makkabi und im örtlichen Fußballverein der Spielvereinigung Weiden brachten Kontakt auch zur übrigen Bevölkerung.
Hermann Brenner schaffte es, eine Brücke zu den nichtjüdischen Weidenern zu bauen. Josef Schuster zollte dieser Leistung Anerkennung: »Erst in späteren Jahren habe ich begriffen, wie viel Mut und Kraft es die Brenners, aber auch meine Eltern gekostet haben mag, sich für einen Neuanfang in Deutschland zu entscheiden, ein jüdisches Leben und eine Gemeinde aufzubauen, uns, ihren Kindern, eine jüdische Erziehung zu ermöglichen.«
leuchtturm Charlotte Knobloch nannte Hermann Brenner in ihrer Rede einen »Leuchtturm des deutschen Nachkriegsjudentums. Eine kleine Gruppe geschundener Menschen, die es – wenn es nach dem perfiden und menschenverachtenden Willen der Nationalsozialisten gegangen wäre – gar nicht hätte geben dürfen. Aber es gab sie. Und Hermann Brenner war einer von ihnen.
Sobald sein Körper es wieder zuließ, war er in seinem Geiste und in seinem Herzen bereit und entschlossen, trotz der grausamen Vergangenheit in diesem Land zu bleiben. Er war beseelt von unerschütterlicher Hoffnung. Er war erfüllt von dem Wunsch, in dieses Land und in dessen Menschen neues, unbelastetes Vertrauen aufzubauen. Er wollte an etwas glauben, worüber in dieser Zeit nur wenige jüdische Menschen – insbesondere im Ausland – bereit waren, auch nur nachzudenken.«
»Mein Vater«, berichtete Michael Brenner, »hatte nie die Gelegenheit zu studieren, und ich glaube, mein eigener Weg war auch ein bisschen derjenige, den er selbst gerne gegangen wäre, wenn er die Gelegenheit dazu gehabt hätte.« Wenn Michael Brenner heute in seinem Institut an der Ludwig-Maximilians-Universität steht, kommt ihm oft das Bild der väterlichen Bibliothek seiner Kinder- und Jugendzeit vor Augen: »Meine eigene berufliche Laufbahn wäre ohne die Ermutigung und Unterstützung durch meinen Vater nie möglich gewesen.
Belletristik Dafür werde ich ihm immer dankbar sein. Die große Bücherwand zu Hause, in der es neben Belletristik noch ganz viele Bände zur jüdischen Geschichte gab, hat mich schon in relativ jungen Jahren interessiert. Man konnte einfach hineingreifen – und sich in eine andere Welt versetzen lassen.«
Den Wunsch des Vaters, ein unbelastetes Vertrauen aufzubauen, setzt Michael Brenner in seiner Lehrtätigkeit in München. Der Sohn erfüllt damit das, worin sich sein Vater einig war mit dem, was Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß in seiner Festrede so formuliert hatte: »Bildung heißt das Schlüsselwort für eine erfolgreiche Zukunft. Und auch für eine Zukunft in Frieden.«