Frankfurt

Dank für ein Lebenswerk

Oberbürgermeister Peter Feldmann (r.) zeichnet Heinz Hesdörffer mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande aus. Foto: Rafael Herlich

»Die Nummer auf meinem Arm zeichnet mich und dieser Orden zeichnet mich ebenfalls aus«, sagte Heinz Hesdörffer, als ihm der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann am Freitag das Bundesverdienstkreuz am Bande verlieh. Der 95-jährige Schoa-Überlebende wurde für seine wichtige Tätigkeit in der Erinnerungspolitik und der geschichtlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen geehrt.

Rund 150 Gäste, darunter die Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn, die Bad Kreuznacher Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer und Rabbiner Andrew Steiman waren im Rosl-und-Paul-Arnsberg-Saal im Wohnheim der Frankfurter Henry und Emma Budge-Stiftung Zeugen des Festaktes und hörten Hesdörffers Lebensgeschichte gebannt zu.

theresienstadt Heinz Hesdörffer wuchs im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach auf und überlebte in seiner Kindheit und Jugend mehrere nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager, darunter Theresienstadt und Auschwitz-Birkenau. Russische Truppen retteten ihn 1945 auf einem der Todesmärsche. Hesdörffer verlor seine gesamte Familie in der Schoa.

Nach seiner Befreiung lebte Hesdörffer zunächst in Belgien, bevor er 1947 nach Südafrika auswanderte. Dort baute er sich ein neues Leben auf, heiratete und gründete eine Familie. 2002 folgte er mit seiner Frau seinem Sohn nach New York. Doch hier bekam ihm das Klima nicht, und nach einer Reise nach Deutschland entschied er sich, dorthin zurückzugehen. Seit 2009 lebt er wieder in seinem einstigen Heimatland und gilt heute als gefragter Zeitzeuge. So drehte 2013 eine Jugendgruppe den Film Schritte ins Ungewisse über Heinz Hesdörffer, der in Schulen und Bildungseinrichtungen gezeigt wird.

»Wir alle sind gefordert, Unrecht zu benennen und zu bekämpfen.«
Heinz Hesdörffer

Der Orden sei »etwas ganz Besonderes« für ihn, bedankte sich Heinz Hesdörffer sichtlich berührt für die Ehrung. Der neue Bundesverdienstkreuzträger betonte, wie wichtig eine Auseinandersetzung mit der »furchtbaren Vergangenheit des Nationalsozialismus« insbesondere für Jugendliche ist. Er appellierte an die Gäste, dass »wir alle gefordert sind, Unrecht zu benennen und zu bekämpfen«, denn »die Welt braucht Frieden, und der fängt vor unserer Haustür an«. Der Saal ehrte Hesdörffer mit lang anhaltendem Applaus.

Zeitzeugen Auch Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann betonte die Notwendigkeit, an die Verbrechen des Nationalsozialismus zu erinnern. Dies festige gegen heutige rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft. Hierfür sei das individuelle Erzählen und Berichten der Zeitzeugen besonders wichtig.

Hesdörffer habe sich »mit seinem Engagement auf besondere Weise verdient gemacht«. Denn er habe »nie diplomatisch geredet«, sondern immer ehrlich und »sehr eindrücklich«. Immer wieder habe sich Hesdörffer seinen eigenen Traumata gestellt und dabei keine Rücksicht auf sich selbst genommen. Höre er Zeitzeugen wie Hesdörffer sprechen, »dann geht das Herz auf, und das Gesagte brennt sich ins Hirn ein«, betonte Feldmann.

Auf Wunsch Hesdörffers fand die Zeremonie nicht – wie üblich – im Frankfurter Römer, sondern in seinem Wohnheim der Budge-Stiftung im Nordosten Frankfurts statt. »Den Glanz des Römers« also in das Alten- und Pflegeheim zu bringen, bezeichnete Thorsten Krick, der Geschäftsführer der Budge-Stiftung, als »eine ganz besondere Ehre« und bedankte sich hierfür in seiner Rede bei Hesdörffer.

Auch der Oberbürgermeister empfand diesen Rahmen als »außergewöhnlich, weil auch die Persönlichkeit außergewöhnlich ist«.

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024