Eigentlich arbeitet Lizzie Doron zurzeit an einem sechsteiligen Zyklus über die Auswirkungen der Schoa auf die erste und zweite Generation. Da macht es neugierig, warum die israelische Bestsellerautorin ein Buch mit dem irritierenden Titel Who the Fuck Is Kafka? eingeschoben hat und warum es – obwohl in Iwrit geschrieben und wie stets kongenial von Mirjam Pressler übersetzt – erst einmal nur auf Deutsch erschienen ist.
unterschiede Mindestens genauso spannend ist die Frage, wie eine jüdische Israelin aus Tel Aviv und ein muslimischer Palästinenser aus Ostjerusalem Freunde werden können. Denn genau darum geht es in Dorons Neuerscheinung. Die Buchpräsentation im Jüdischen Gemeindezentrum bot Gelegenheit, diese und andere Fragen zu klären.
Kennengelernt haben sich die Schriftstellerin Lizzie und der Fotograf Nadim, der im Buch aus Sicherheitsgründen nur unter fiktivem Namen genannt wird, auf einer Konferenz in Rom, die nichts Geringeres als Frieden im Nahen Osten im Sinn hatte. Das große Projekt führt natürlich zu nichts. Auch die langsam Gestalt annehmende Idee eines Films, den Nadim drehen könnte, und eines gemeinsamen Buches scheitert. Schuld sind nicht die politischen Diskrepanzen, sondern ihre unterschiedlichen Wertvorstellungen.
Es ist schlicht die Tatsache, dass Doron in einer Demokratie lebt, wo sie sich zwar fürchten muss vor Anfeindungen Ultraorthodoxer, aber alles sagen und schreiben kann, was sie für richtig hält. Nadim kann das nicht, für ihn geht es um »eine Frage auf Leben und Tod« mit Blick auf die Hamas, auf die Reaktion des Vaters und seiner Freunde, wenn die wüssten, wer seine neue Bekannte ist. Doron wird deshalb als »Italienerin« vorgestellt, Treffen in Israel laufen unter konspirativen Bedingungen ab.
kafkaesk Lizzie Doron erzählte bei der Lesung in der IKG, dass sie und Nadim keine Ahnung gehabt hätten, wie schwierig die Zusammenarbeit werden würde. Letztlich konnte das Buch nicht als Dialog, sondern nur als Monolog von ihr verwirklicht werden, Nadim erscheint ausschließlich aus ihrer Perspektive. Beide lernen, dass sie ein Feindbild und verschiedene traumatische Erfahrungen hatten. Was allerdings eine EU-Funktionärin im Gespräch mit Nadim fortwährend als kafkaesk bezeichnet, stellt ihn vor ein Rätsel. Kaum ist die Frau weg, fragt er: »Who the fuck is Kafka?«
Humor sei das zentrale Element ihrer Annäherung gewesen, erklärte Doron dem aufmerksamen Publikum. Auf die Frage, wie ein Happy End zwischen Israelis und Palästinensern aussehen könne, habe Nadim geantwortet: »ISIS wird uns beide töten!« Lizzie Doron glaubt, es sei romantisch, Freundschaft zu einem Feind zu entwickeln. Sie besteht auf der Erkenntnis: »Wären wir nicht Feinde, wir wären niemals Freunde geworden.«