Als Lena Meyer-Landrut vor einem Jahr in Oslo den Eurovision Song Contest (ESC) gewann und die Show damit nach Deutschland holte, hat es bei Michael Rubinstein schon gekribbelt. Als dann endlich im November die Karten für das große Finale in der Düsseldorfer Arena in den Verkauf gingen, zögerte der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen keine Sekunde. So weit, so normal für die meisten Eurovisions-Fans. Aber für die Idee, die er dann fasste, erntete er in der Gemeinde »oft ein breites Grinsen«. Denn Michael Rubinstein – 39 Jahre alt, Vater und eher der smarte Businessman – bewarb sich als ehrenamtlicher Helfer, um das ESC-Spektakel hautnah mitzuerleben.
»Ich habe mich nicht beworben, um Tickets abzureißen oder Leute durch Düsseldorf zu führen«, wiegelt Rubinstein ab. Er bewarb sich als Betreuer der israelischen Delegation beim Eurovision Song Contest. »Mit meinem Alter und meiner Funktion im Hauptjob falle ich da schon ein bisschen aus dem Rahmen«, räumt er ein. Doch sei es eben eine »Herzensangelegenheit« für ihn.
Und tatsächlich hat er es geschafft, er ist als Host mit Dana International, den Offiziellen und Helfern aus Israel unterwegs. Zwei Wochen Urlaub musste er dafür nehmen. Und wenn es dafür auch das eine oder andere Schmunzeln gab, habe er sogar aus dem Vorstand ein positives Echo für sein freiwilliges Engagement bekommen.
Anspannung Seit im März die Delegationsleiter aus Israel auf Deutschlandbesuch waren, steht Michael Rubinstein fast täglich mit ihnen in Kontakt. »Da bekommt man viel mit«, erzählt er. »Das Team ist ziemlich aufgeregt. Da geht es ihnen so wie den Deutschen mit Lena: Wenn man einmal gewonnen hat, kann man bei einem zweiten Auftritt eigentlich nur verlieren.«
Lena Meyer-Landrut und Dana International sind die einzigen Teilnehmer, die bereits einen Sieg verbuchen konnten. Doch im Gegensatz zur Titelverteidigerin muss Dana noch ins Halbfinale am 12. Mai. Von 19 Kandidaten werden nur zehn weiterkommen. Aber Michael Rubinstein macht sich keine Sorgen. »Ins Finale wird Dana es schaffen, mein Tipp ist dann ein Platz in den Top Ten«, sagt er.
Damit für die Künstlerin hinter den Kulissen alles glatt läuft, wird sich der Volunteer Rubinstein ins Zeug legen müssen. Zeit zum Ausruhen wird er während des Aufenthalts der israelischen Delegation in Düsseldorf kaum haben. »Der Arbeitsplan bis zum Finale ist so voll, dass ich am besten schon vorschlafen sollte.« Deshalb wird er die zahlreichen Abendtermine und Partybesuche nach Möglichkeit einer jüngeren Kollegin überlassen. »Ich stehe dafür morgens lieber wieder etwas früher auf«, erklärt Rubinstein.
Heute wird er mit der Delegation einen Ausflug unternehmen, morgen geht es zum Kabbalat Schabbat in die Düsseldorfer Gemeinde, am Samstag zum Empfang beim Oberbürgermeister, dann warten in der nächsten Woche Proben, das Halbfinale, im besten Fall das Finale – »und wenn jemandem eine Zahnbürste fehlt, würden wir sie auch noch besorgen.«
Als wäre das noch nicht stressig genug, rechnet Rubinstein auch mit einem großen Medienrummel, der die Delegation begleiten wird. »Es gibt zwar nicht mehr diesen Wow-Effekt, weil Israel mit einer Transsexuellen antritt«, doch sei das Interesse an Israel, dem dreimaligen Gewinner des Eurovision Song Contest, traditionell groß.
Sicherheit Traurige Tradition sind inzwischen auch die Sicherheitsmaßnahmen, die rund um den Auftritt von Dana International und ihren Aufenthalt im Rheinland nötig sind. »Dadurch werden wir schon als ›die anderen‹ wahrgenommen«, meint der Volonteer. »Aber die Israelis gelten auch als eine besonders lockere Delegation, die tolle Partys schmeißt.« Diesem Ruf wurde sie 2010 in Oslo wieder gerecht: Vor der ausverkauften Halle standen noch 400 Menschen im Regen und hofften auf Einlass.
Das soll in diesem Jahr nicht wieder passieren, deshalb verzichtet die Delegation auf den »Euroclub«, der von den ESC-Veranstaltern für Partys bereitgestellt wird, und zieht am 9. Mai in die Düsseldorfer »Nachtresidenz«, die mehr als 2.000 Gäste fasst. Man erwartet viel Publikum, schließlich tritt Dana International dort auf, und in der Vergangenheit ließen sich bei den Feiern der Israelis auch Teilnehmer aus anderen Ländern vor oder auf der Bühne blicken.
Auf dem Sofa An Danas Sieg 1998 in Großbritannien kann sich Michael Rubinstein selbstverständlich noch erinnern. »Ich habe die Wettbewerbe schon verfolgt, da konnte ich mit meinem Bruder und meiner Oma zusammen auf einem Sessel sitzen«, erzählt er. Später begann er dann, die Party zu seinem Geburtstag, der immer nah am Eurovision-Datum ist, auf den Finaltag zu legen. »Dieses Jahr muss ich das nachholen, aber immerhin kann ich dann viele Fotos zeigen und hoffentlich schöne Geschichten erzählen.«
Eine davon wird aber sicher auch traurig sein. Denn wenn es Dana International ins Finale schafft, wird er ihren Auftritt nicht live in der Düsseldorfer Arena sehen können. »Das ist die Kröte, die ich schlucken musste. Als Host darf ich nicht in den Zuschauerraum, sondern muss im Backstage-Bereich bleiben.«