Am 2. Juni 2009 konnte Avraham Radbil in der Ohel-Jakob-Synagoge in München die Smicha entgegennehmen und wurde gemeinsam mit Zsolt Balla in einer feierlichen Zeremonie in das Rabbineramt eingeführt. Am vergangenen Wochenende – zehn Jahre später – begrüßt er nun als Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Osnabrück die zahlreichen Gäste eines Schabbatons. Gemeinsam mit dem Gemeindevorsitzenden Michael Grünberg ist er in Osnabrück Gastgeber der Auftaktveranstaltung der Reihe »10 Jahre Rabbinerseminar – Wiedereröffnung und Fortführung«.
Radbil, seit 2014 als Rabbiner in der niedersächsischen Stadt tätig, wurde in der Ukraine geboren und kam als Kind nach Deutschland. Nach dem Abitur in Berlin begann er sein Talmudstudium an der Yeshivas Beis Zion. Er setzte dann sein Studium am Rabbinerseminar fort, begleitet vom Studium der Psychologie und Pädagogik. Nach der Ordination und Stationen in Köln und Freiburg kam er nach Osnabrück. Der 34-Jährige lebt dort mit seiner Frau und vier Kindern.
Beirat Inzwischen gehört er auch dem Beirat des Rabbinerseminars an, das nun Jubiläum feiert. Die 1873 von Rabbiner Esriel Hildesheimer gegründete Lehreinrichtung wurde 1938 von den Nationalsozialisten zwangsweise geschlossen. 2009 wurde das Seminar vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der Ronald S. Lauder Foundation offiziell wiedereröffnet. Inzwischen haben dort bereits 16 orthodoxe Rabbiner ihre Ausbildung abgeschlossen.
Seit 2009 haben 16 orthodoxe
Rabbiner ihre Ausbildung am Berliner Seminar abgeschlossen.
Für Michael Grünberg, Osnabrücks Gemeindevorsitzenden und Kuratoriumsmitglied des Rabbinerseminars, ist klar: »Das jüdische Leben in Deutschland hat sich vor zehn Jahren verändert.« Denn davor habe es keine Möglichkeit gegeben, in Deutschland ausgebildete Rabbiner für die Gemeinden zu gewinnen.
Meir Hildesheimer, Urenkel des damaligen Gründers, drückte dem Rabbinerseminar im Namen der Familie bei einer kurzen Ansprache am Sonntag Anerkennung und Dankbarkeit aus: »Der Geist von Rabbiner Esriel Hildesheimer ist an diesem Ort zu spüren. Ihnen, den Absolventen, wird es zuteil, den heutigen Juden die Tradition zu vermitteln. Machen Sie weiter so!«
Rabbiner Zsolt Balla versicherte, dass das Seminar auch in Zukunft dafür sorgen wolle, »die Tora in Deutschland wieder heimisch zu machen«. Balla, Landesrabbiner in Sachsen und Gemeinderabbiner in Leipzig, versicherte, dass man die Arbeit der vergangenen zehn Jahre fortsetzen werde und dazu beitragen wolle, die jüdische Gemeinschaft zu neuer Blüte zu führen.
diskussion Zum Jubiläum gaben die Rabbiner Zsolt Balla und Daniel Fabian ein Konzert mit Liedern und Geschichten rund ums jüdische Jahr. Im Anschluss diskutierte Rabbiner Avraham Radbil mit dem Bischof des Bistums Osnabrück, Franz-Josef Bode, und dem Islamwissenschaftler Bülent Ucar die Frage, wie Geistliche zum Frieden in der Stadt beitragen können.
Das Jubiläum ist eine
Gelegenheit, ein Fazit zu ziehen,
zu sehen, was erreicht wurde.
Rabbiner Radbil ist der interreligiöse Dialog wichtig. Aber an diesem Sonntag schaut er auch nachdenklich auf die vergangenen zehn Jahre zurück. »Es ist Gelegenheit, ein Fazit zu ziehen, zu schauen, was erreicht wurde.« Er hofft, so Radbil, dass in der jüdischen Gemeinschaft die Arbeit des Rabbinerseminars und seiner Absolventen positiv bewertet wird. »Ich glaube, dass der jüdischen Gemeinschaft hier nichts Besseres passieren kann, als dass Rabbiner in Deutschland für Deutschland ausgebildet werden.«
Sarah Serebrinski, Geschäftsführerin des Rabbinerseminars, sagte, man möchte das zehnjährige Bestehen dort feiern, »wo die Früchte des Rabbinerseminars geerntet werden, in den jüdischen Gemeinden, in denen unsere Absolventen wirken«. Mit den Gemeinden sind einzelne Events geplant. So soll es in den kommenden Monaten eine Podiumsdiskussion in Düsseldorf, einen Lerntag in Baden-Baden, ein Konzert in Leipzig, einen Liturgie-Workshop in Fürth und einen Themenabend in Basel geben. Der Abschluss soll im Dezember in Berlin stattfinden