Die Verlegerin Friede Springer ist am vergangenen Donnerstag in Düsseldorf mit der Josef-Neuberger-Medaille ausgezeichnet worden. Mit dem Preis ehrt die Jüdische Gemeinde der Landeshauptstadt Menschen, die sich um den Dialog zwischen Juden und Nichtjuden verdient gemacht haben.
»Sie ist ein Leuchtturm unserer Zeit, eine moderne Heldin – als Mensch«, erklärte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, in ihrer Laudatio. Knobloch strich die Bedeutung des Wirkens von Friede Springer für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland, aber auch für das Verhältnis zwischen dem deutschen Staat und Israel heraus.
Dialog »Den Dialog, den Axel Springer begann, führen Sie fort«, sagte die Laudatorin in der Synagoge der Düsseldorfer Gemeinde. »Seitens der jüdischen Gemeinschaft wurden Sie international mit den höchsten Würdigungen bedacht.« Friede Springers Einsatz sei grenzenlos, generationenübergreifend und damit zeitlos.
Sooft Charlotte Knobloch auf Axel Springer, den 1985 verstorbenen Ehemann Friedes und Gründer der Springer AG, zu sprechen kam, betonte sie auch, dass die Preisträgerin der Josef-Neuberger-Medaille dessen Bemühungen nicht einfach fortgesetzt habe. Sein Lebenswerk habe sie nicht nur bewahrt, sondern den Kampf gegen Antisemitismus und die Unterstützung Israels aus eigener Überzeugung weiter verfolgt.
»Die Josef-Neuberger-Medaille ist ein besonderer Preis«, betonte Charlotte Knobloch in ihrer Rede. Schließlich erinnere er an einen jüdischen Emigranten, der in die junge Bundesrepublik gekommen war, um ab 1950 daran mitzuwirken, die Grenzen zwischen Juden und Nichtjuden zu überwinden. Neuberger habe ein glaubhaftes Symbol des Wandels im einstigen Land der Täter setzen und sich aktiv am Aufbau des Landes beteiligen wollen.
Vermächtnis Diese Ideale, so Knobloch, fänden sich auch in der Haltung von Friede Springer. »Der Weg des geringsten Widerstands ist nicht der Ihre, er war es nie«, sagte sie an die Preisträgerin gewandt. »Israel ist nicht irgendein Staat – auch das eine Erkenntnis, mit der Axel Springer oft alleine stand.« Friede Springer habe sich von dieser Prämisse nie gelöst, auch wenn es ein Leichtes und sogar bequemer gewesen wäre. »Für Sie kam eine Abwendung von Israel nie infrage.« Deshalb pflege sie eben nicht das Vermächtnis ihres Mannes, sondern habe es zur eigenen Verantwortung adaptiert.
Friede Springers Liebe zu Israel sei keine oberflächliche, keine zu Land und Leuten, zu Strand und Meer. Vielmehr sei sie eine entschlossene, tatkräftige Liebe. Damit gebe sie den Menschen in Israel das Gefühl, dass es doch noch jemanden gibt, der sie versteht. »Jeder kann spüren: Dies ist Ihnen eine Herzensangelegenheit und tiefste Überzeugung zugleich«, sagte Knobloch.
Die Schoa habe der Nachwelt ein Vermächtnis hinterlassen. Es laute: »Nie wieder!« Der Antisemitismus habe vielerorts wieder bedrohliche Ausmaße angenommen, so die Präsidentin der IKG München. Friede Springer habe verstanden, wie verletzlich Demokratie und Freiheit seien. »Sie können nicht schweigen, wenn der Antisemitismus seine hässliche Fratze zeigt.« Springer nehme die Sorgen der jüdischen Gemeinschaft ernst und helfe ihr dabei, die Feinde zu benennen und zu bekämpfen. »Wir können uns auf Friede Springer verlassen.«
Bescheidenheit »Ich weiß, Sie stehen nicht gerne im Mittelpunkt«, hatte Knobloch gleich zu Beginn ihrer Laudatio gesagt, und das sollte sich bewahrheiten. Die 71-jährige Friede Springer verschwand nach der Verleihung der Medaille gleich wieder von der Bühne. »Erfolg, Macht und Geld waren nie die Grundlage Ihres Handelns«, erklärte Knobloch. Die neue Trägerin der Josef-Neuberger-Medaille zeichneten vor allem »Bescheidenheit, Zurückhaltung und Eleganz« aus.
Verliehen wird die Auszeichnung, die an den Juristen und SPD-Politiker Josef Neuberger erinnert, seit 1991 traditionell im Rahmen des Neujahrsempfangs der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Mit Frank Schirrmacher, dem Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wurde im vergangenen Jahr bereits eine Größe der Medienwelt geehrt. Weitere Preisträger waren unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der damalige Bundespräsident Roman Herzog (2000) und Johannes Rau als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (1991).
Während der Verleihung der Medaille in der Düsseldorfer Synagoge nutzt die Gemeinde die Gelegenheit, auf das vergangene Jahr zurückzublicken, von ihren Problemen zu erzählen, aber auch von den Plänen für die Zukunft. Dass sich unter den Gästen neben dem ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und der UNESCO-Sonderbotschafterin Ute Ohoven auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers befand, nutzte der Vorstandsvorsitzende der Gemeinde, Oded Horowitz, um augenzwinkernd in Verhandlungen mit der Stadt einzusteigen.
Gymnasium Die Gemeinde habe, so Horowitz, die Planungsphase für ein jüdisches Gymnasium beinahe abgeschlossen. Nun könnten konkrete Gespräche mit der Kommune beginnen. Horowitz wünschte sich, dass der Oberbürgermeister das Projekt zur Chefsache erklärt. »Wir stehen kurz davor, Nägel mit Köpfen zu machen«, sagte der Vorstandsvorsitzende. Dazu bot sich beim anschließenden Neujahrsempfang im Leo-Baeck-Saal der Gemeinde vielleicht schon die Möglichkeit.