Judith Zinner ist noch ganz geschafft. »Stressig war der erste Tag. Und hektisch – aber im positiven Sinne«, sagt die Leiterin der Lauder-Beth-Zion-Grundschule im Bezirk Prenzlauer Berg. Neue Schüler, neue Kollegen und teilweise noch offene organisatorische Fragen sind allerdings kein Grund, diesen ersten Schultag nicht zu genießen.
»Ich habe mich auf unsere Schüler gefreut und auch auf meine Kollegen«, betont Zinner. Denn nach insgesamt sechseinhalb Wochen Sommerferien hat am Montag in Berlin und Brandenburg wieder der Unterricht begonnen. 400.000 Schülerinnen und Schüler haben sich in der Hauptstadt auf den Weg in Gymnasien, Gesamt- und Grundschulen gemacht.
hebräisch Allein an der Lauder Beth-Zion-Grundschule lernen 79 Kinder. In der ersten Klasse sind 14 und in der vierten ein neuer Schüler hinzugekommen. Und noch etwas ist neu: die siebte Klasse, in der die Kinder auf das Gymnasium vorbereitet werden, wie Zinner sagt. Zudem bietet die Beth-Zion-Grundschule in diesem Schuljahr einen erweiterten Hebräischunterricht und vertiefende Judaistik an.
Auch Noga Hartmann, Direktorin der Heinz-Galinski-Schule, ist begeistert, dass das Unterrichtsjahr wieder startet. Bereits in der letzten Ferienwoche saß sie an ihrem Schreibtisch in der Waldschulallee und erledigte »Papierkram«. »Ich freue mich jeden Sommer auf das neue Schuljahr«, sagt sie.
Und für die nächsten Monate hat sie mit ihrem Kollegium einiges auf die Beine gestellt, wie beispielsweise den Neujahrslauf, den Vorlesetag und den Tag der offenen Tür am 24. September. Zusätzlich gibt es ab September für Eltern und Lehrer einmal im Monat das Angebot, in einer Walking-Gruppe mitzulaufen, während die Kinder in der Bibliothek von Erziehern betreut werden. Und auch in diesem Jahr soll es wieder einen Kennenlerntag für die Erstklässler geben.
Träger der Ganztagsschule ist die Jüdische Gemeinde. Der Lehrplan folgt – wie bei den anderen jüdischen Grundschulen auch – dem Berliner Rahmenplan unter besonderer Berücksichtigung jüdischer Inhalte und Traditionen. In allen Klassen der Heinz-Galinski-Schule wird mit Smartboards gearbeitet. Auch nichtjüdische Kinder werden aufgenommen, sie seien mit etwa 20 Prozent vertreten, sagt Noga Hartmann.
Doch vor den ganzen Aktivitäten steht erst einmal die Einschulung, die am Freitag um zehn Uhr in der Aula stattfindet. 55 Fünf- und Sechsjährige werden dann Erstklässler. Insgesamt 275 Schüler lernen in 15 Klassen. Das sind fünf Kinder weniger als im vergangenen Jahr.
Trend »Es gibt den Trend, dass jüdische Kinder nicht mehr an jüdischen, sondern an staatlichen Einrichtungen angemeldet werden«, sagt Heike Michalak, Direktorin der Jüdischen Traditionsschule Or Avner, deren Träger Chabad Lubawitsch ist. Sie könne sich allerdings nicht erklären, was die Ursache dafür sei: »Da bin ich ratlos.« 50 Kinder lernen nun in der Grundschule am Spandauer Damm, während 20 das Gymnasium besuchen.
Die Schüler der zehnten Klasse werden im Frühjahr den Mittleren Schulabschluss anstreben. »Das ist derzeit unsere höchste Klasse, und ich bin schon sehr gespannt und freue mich darauf«, sagt Michalak. Denn dieses Gymnasium gibt es erst seit Kurzem. Insgesamt 18 Lehrer und Erzieher sind für die 70 Kinder im Einsatz. Auch diese Einrichtung ist eine Ganztagsschule und steht Kindern aller jüdischen Strömungen offen. »Wir bieten kleine Lerngruppen, ein starkes jüdisches Fundament, computerunterstützten Unterricht, Englisch ab der ersten Klasse und außerschulische Lernaktivitäten«, sagt Heike Michalak.
Auch Barbara Witting, Schulleiterin des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, freut sich darauf, nach fast sieben Wochen ihre Schüler wiederzusehen. Das Gymnasium, auf dem sich 58 Schüler neu angemeldet haben, hat in diesem Schuljahr viel vor: Neben dem Quiz der Religionen gibt es Projekttage und den schon fast traditionellen Austausch mit der Leo-Baeck-Partnerschule in Haifa.
Das Gymnasium, das in diesem Sommer sein 20. Jubiläum feierte, ist Anlaufpunkt für die Schüler, die auf ihrem Zeugnis eine Gymnasialempfehlung zu stehen haben. Für die Sechstklässler, denen ein anderer Schulzweig empfohlen wird, gibt es derzeit keine jüdische Sekundar- oder Gemeinschaftsschule. Bis vor wenigen Jahren verfügte das Jüdische Gymnasium über einen Realschulzweig, der aber im Zuge der Berliner Schulreform eingestellt wurde. Das hatten alle Schulleiter bedauert. Seitdem bleibt nur noch das Gymnasium als weiterführende Schule.
Gemeinschaftsschule Die frühere Bildungsdezernentin Carola Melchert-Arlt wollte die Gemeinschaftsschule in diesem Sommer starten, aber die Repräsentantenversammlung hatte sich vor knapp einem Jahr jedoch dagegen ausgesprochen.
Die Gemeinde könne sie sich derzeit nicht leisten, meinte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, damals. Dennoch hatte er auf der letzten Gemeindeversammlung im Dezember versprochen, dass diese Schule, in der bis aufs Abitur alle Schulabschlüsse möglich sind, kommen werde. Noch allerdings ist davon nichts zu sehen.