Nach mehreren Anläufen ist es nun vollbracht: Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat eine neue Wahlordnung. Bei der jüngs-ten Repräsentenversammlung (RV) am Dienstag vergangener Woche wurde sie mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen und ist einen Tag später in Kraft getreten. Sie sei indes keine »echte Novelle, sondern sorgt eher für Verklarungen, die die Regeln rechtssicherer machen«, so Wahlleiter Andreas Schmidt von Puskás. So werde beispielsweise deutlich gemacht, wer berechtigt ist, die Wahl anzufechten und was für eine Bedeutung der Schiedsausschuss hat.
Schmidt von Puskás, ehemaliger Landeswahlleiter Berlins, weiß, worauf es in der Gemeinde ankommt, denn seit 1997 betreut er deren Wahlen zur Repräsentantenversammlung. In dieser Zeit gab es eine Wiederholungswahl und eine erfolglose Anfechtung.
Briefwahl Neu sei nun beispielsweise die Einschränkung in Sachen Briefwahl. Bei der am 4. Dezember stattfindenden Gemeindewahl wird es eine Frist geben. Die Post muss bis spätestens zwei Tage vorher in der Gemeinde eingegangen sein. Bisher konnten noch am Wahltag die Unterlagen abgegeben werden. Zudem kann die Briefwahl nur mit einem Formblatt beantragt werden, das zusammen mit den anderen Unterlagen an jeden Stimmberechtigten geschickt wird.
Ebenfalls wurde vereinbart, dass die Bewerber wieder die Möglichkeit erhalten, sich mit einem eigenen Text in einem Heft vorzustellen, das von der Gemeinde in deutscher und russischer Sprache veröffentlicht und versandt wird.
Darüber hinaus kann jeder Kandidat Wahlwerbung herstellen und über den Gemeindeverteiler versenden lassen – auf eigene Kosten. Bei etwa 9.000 Stimmberechtigten eine teure Angelegenheit. Dies könne sich nicht jeder leisten, der Gleichheitsgrundsatz sei nicht mehr gewährt, gab Schmidt von Puskás zu bedenken.
Ein Paragraf aus der alten Wahlordnung wurde in seiner Gültigkeit bestätigt, zuvor jedoch kontrovers diskutiert: Ein Vater mit minderjährigen, nichtjüdischen Kindern darf weiterhin nicht kandidieren, weder für die RV noch für einen Ausschuss.
Präsidiumsmitglied Sergey Lagodinsky meinte, dass auch diese Väter das Recht auf die Kandidatenliste zu kommen. Finanzdezernent Jochen Palenker, der seinen Vorstandsposten aufgab, als er eine nichtjüdische Frau heiratete, sagte: »Wir müssen uns klarmachen, dass wir die besten und fähigsten Leute für die Gemeinde gewinnen müssen, anstelle von Leuten, die wollen, aber nicht können.«