Es braucht vor allem viel Zuversicht, um in unseren Breitengraden im April ein Grillfest unter freiem Himmel zu planen. Als das Jugendzentrum der Gemeinde Wuppertal am vergangenen Sonntag an Lag BaOmer zum Grillen nahe der Kleingartenanlage Wolfsholz-Elsternbusch einlud, war das Glück zumindest teilweise aufseiten der Veranstalter: Es war frisch, heiter bis wolkig, aber trocken, und so hatten die weit über 100 zumeist jungen Besucher ihren Spaß beim Barbecue.
»Die sieben Jugendzentren der acht jüdischen Gemeinden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein laden reihum zu Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche ein«, sagt Gabriel Goldberg, der Jugendreferent des Landesverbandes. Vor allem für ein kleines Jugendzentrum wie Wuppertal sei es eine große Leistung, eine solche Veranstaltung auf die Beine zu stellen, zu der Gäste aus Düsseldorf, Mönchengladbach, Essen oder auch Duisburg anreisen.
»Alle, die hierherkommen, wissen: Es gibt Fleisch in Wuppertal – viel Fleisch«, ergänzt Goldberg. Auf dem Grill werden tatsächlich Berge von Fleisch zubereitet. Und egal, ob Kinder oder Erwachsene, kaum jemand, der nicht ständig etwas zu essen in der Hand hält. Die Grillmeister erledigen ihren Job in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.
Gemeinschaft Doch es geht nicht nur um Spaß und gutes Essen: »Viele der Kinder und Jugendlichen sind in ihrer Schule die einzigen Juden in der Klasse. Sie wissen oft wenig von den jüdischen Feiertagen und Traditionen und haben das Gefühl, allein zu sein.« Das wollen die Jugendzentren ändern, indem sie immer wieder möglichst viele junge Juden zu gemeinsamen Veranstaltungen einladen. »Die Kinder wohnen ja oft sehr weit voneinander entfernt. Wir sorgen dafür, dass sie immer wieder zusammenkommen und spüren, dass sie zu einer Gemeinschaft gehören.«
Man sieht den Kindern auf dem Fest an, wie glücklich sie sind, wenn sie sich nach Wochen oder Monaten wiedertreffen. Es wird gemeinsam gespielt und gegessen, alle haben ihren Spaß, der schon am Bahnhof anfängt, wo sie mit Bussen abgeholt und zu der Kleingartenanlage in die grünen Hügel, die Wuppertal umgeben, gefahren werden.
Hier wird Judentum gelebt, und das bis ins kleinste Detail. Alles trägt hier hebräische Namen: Die Betreuer sind die Madrichim, die Jugendzentrumsleiter die Roschim, Kinder sind die Chanichim, und die ganze Veranstaltung ist ein kleines Ferienlager – ein Machane. Und das Fleisch ist natürlich koscher.
Kontakte »Mittlerweile«, sagt Goldberg, »ist das hier ein großes Familienfest, und immer mehr Vorstände der Gemeinden schauen vorbei.« Es findet zum vierten Mal statt. Hier ergeben sich auch Kontakte der unterschiedlichsten Art: »Wenn sich hier ein gutes jüdisches Mädchen und ein guter jüdischer Junge näherkommen, haben die Gemeinden vielleicht später auch einmal etwas davon.«
Elena Chikova, die Leiterin des Jugendzentrums der Gemeinde Wuppertal, sieht es ähnlich: »Es ist wichtig, dass sich die Kinder kennenlernen und etwas darüber erfahren, was es heißt, Jude zu sein.« »Viele«, sagt Natalja Lewin, »kennen ja nicht einmal die Feiertage, auch das versuchen wir ihnen auf eine spielerische und fröhlich Art näherzubringen. Und es ist einfach schön, in einer großen Gemeinschaft zu feiern.«
Feste wie dieses hätten auch für die Gemeinden eine wichtige Funktion. »Kinder und Jugendliche, die wir mit diesen Festen und der Arbeit in den Jugendzentren für uns gewinnen, werden sich auch für die Gemeinden engagieren«, sagt Chikova. Wachsen die Jugendzentren, wachsen auch die Gemeinden.