Infernalisches Getöse aus dem Musikzimmer, während sie in einer Konferenz sitzt – derlei Ruhestörungen duldet Alexa Brum nicht. Wutentbrannt macht sie sich auf, um die vermeintlich durchgedrehten Schüler zurechtzuweisen. Wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrer Zeit als Direktorin der I. E. Lichtigfeld Schule in Frankfurt gelingt es ihr nicht, bis zur Lärmquelle vorzudringen. Sie wird von einer Lehrerin abgefangen und zur Umkehr gezwungen.
Als die Jüdische Gemeinde Frankfurt einige Tage später die Abschiedsfeier anlässlich ihrer Pensionierung ausrichtet, lernt Alexa Brum die »Übeltäter« kennen: Es handelte sich um die »Lichtigfeld-Boys«, wie sie im Laufe des Abends genannt werden – fünf Lehrer. Ein Keyboarder, zwei Gitarristen, ein Schlagzeuger und ein Sänger lassen den großen Saal der Jüdischen Gemeinde erbeben – und bringen damit endgültig zum Scheitern, was sich die jetzige Pensionärin nach den Worten ihres Stellvertreters, Rafael Luwisch, vorgestellt hatte: einen leisen Abschied.
Sentimente So fetzig die Musik war, so würdevoll und ein bisschen sentimental waren die Reden, mit denen Alexa Brum nach 22 Amtsjahren als Schulleiterin in den Ruhestand verabschiedet wurde. Gleich drei Herren, die während ihrer Amtszeit als Schuldezernenten der Jüdischen Gemeinde tätig waren, zollten ihr Dank, Lob und Anerkennung: der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sowie der amtierende Schuldezernent, Beni Bloch.
Bloch erinnerte an Brums Vater. Als sie die Stelle als Schulleiterin angeboten bekommen habe, habe er sie unmissverständlich ermuntert: »Wenn die Gemeinde ruft, dann geht man!« Und Korn gestand, dass ihn bei der Einstellung von Brum zunächst vor allem ihr gutes Aussehen in den Bann zog. Im Verlaufe des Einstellungsgesprächs habe sich dann aber rasch herausgestellt, dass sie »ebenso kompetent wie attraktiv« ist.
Strukturen Am Anfang ihrer Amtszeit, so erinnerte Korn, habe sich Brum ihren Platz als Oberhaupt erkämpfen müssen – gegenüber Lehrerkollegen, »die an einer jüdischen Schule eigentlich alle auch Schulleiter sind«. Sie habe neue Strukturen aufgebaut und sei bei der pädagogischen Ausrichtung der Schule auch Streit mit den Eltern nicht aus dem Weg gegangen. Dass sie all das gestemmt habe, zeige, welch engagierte Direktorin und Lehrerin sie sei.
Graumann erinnerte sich lachend an Brums Mimik, als sie erfuhr, dass er Nachfolger von Salomon Korn als Schuldezernent werde: »Es war Entsetzen, Erstarrung, Schock total!« Trotzdem sei es ihnen gelungen, »eine gute Beziehung zu erarbeiten«. Wie konstruktiv das Verhältnis der beiden wurde, zeigt sich auch darin, dass Brum zur Gründungsdirektorin der Schule im Philanthropin wurde. Zunächst habe sie ihn und seine Umzugspläne sicher für »endgültig verrückt« gehalten, scherzte Graumann.
Nachfolgerin Die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Lichtigfeld-Schule, Mima Speier, dankte Brum für ihr unermüdliches Engagement: »Wenn es um das Wohl eines Kindes ging, kannte Ihre Arbeitszeit kein Ende«, lobte sie. Auch dass die neue Schulleiterin, Noga Hartmann, auf ihre Aufgabe »so gut vorbereitet« sei, sei das Verdienst von Alexa Brum.
»So verschmilzt der alte und der neue Kurs«, blickte Speier voller Zuversicht auf das neue Schuljahr. Und die »Pensionärin« selbst? Alexa Brum genoss die Feier sichtlich. Ihrer Schlussrede merkte man an, dass ein nicht ganz so leiser Abschied eigentlich doch sehr in ihrem Sinne war.