Berlin

Abgestimmt

Etwa zehn Minuten dauerte es. Länger benötigten die Vertreter der »Initiative Neuwahl 2013 – Initiative Neuanfang 2014« nicht, um die Liste mit den mehr als 1900 Unterschriften in der Jüdischen Gemeinde abzugeben. 1900 von insgesamt 9000 wahlberechtigten Gemeindemitgliedern, die für Neuwahlen in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gestimmt haben.

»Was wir machen konnten, ist getan«, sagte Micha Guttmann von der Initiative nach Übergabe der notariell beglaubigten Unterschriften. Das erforderliche Quorum von einem Fünftel der wahlberechtigten Mitglieder sei deutlich erfüllt und der Weg für Neuwahlen frei, betonte er. »Zögerlich, verunsichert, sachlich, kühl« sei laut Vertreter der Initiative die Stimmung beim Überreichen der Liste im Büro der Repräsentantenversammlung (RV) gewesen.

Frist Das Präsidium der Gemeinde hat nun 60 Tage Zeit, die Anträge zu prüfen. Innerhalb der nächsten 30 Tage müssten dann Neuwahlen ausgerufen werden. Allerdings sollte ein neuer Termin 90 Tage vor der Wahl bekannt gegeben werden. Ferner möchten die Initiatoren bei der nächsten Repräsentantenversammlung einen Antrag einreichen, gemeinsam die Auflösung der RV vorzuschlagen.

Am Montagmittag hatte Micha Guttmann bei einem Pressegespräch betont, dass ein solches Votum ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin sei. Die Initiatoren, zu denen auch Michael Joachim, Tuvia Schlesinger und Carola Melchert-Arlt zählen, rechnen damit, dass es spätestens Mitte Juni zu Neuwahlen kommen wird.

Die Initiative startete im Februar dieses Jahres. Die Mitglieder bemängeln fehlende Transparenz und fehlende Demokratie. Die Gemeinde sei mittlerweile in einem so schlechten Zustand wie nie zuvor. Sie sei innerlich zerrüttet und gebe in der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild ab, sagte Melchert-Arlt.

Programm Bis zur nächsten RV in dieser Woche werde sich die Initiative als Gruppe neu aufstellen und im Auge behalten, was passiert, betonte Guttmann. Ein nächster Schritt werde die Präsentation des Sachprogramms sein, mit dem die Gruppe als Alternative zum Bündnis »Koach« in die Neuwahlen gehen will, wie es in einer Presseinformation hieß. »Wir möchten endlich etwas Positives bewirken – wir sind keine Berufsmeckerer«, sagte Micha Guttmann zum Abschluss der Übergabe.

Der Gemeindevorsitzende Gideon Joffe hatte im März 2012 nach einer umstrittenen Wahl die Leitung von Deutschlands größter jüdischer Einheitsgemeinde mit etwa 10.000 Mitgliedern übernommen. Mit seinem Bündnis »Koach« dominiert er seitdem die 21-köpfige RV. Nach Zerwürfnissen sind zwei seiner Mitstreiter mittlerweile zur Opposition übergelaufen und haben die Neuwahl-Initiative maßgeblich mit unterstützt. Laut Guttmann ist eine Neuwahl die letzte Chance, um eine Spaltung der Gemeinde zu verhindern. (mit epd)

Frankfurt/Main

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