Bei der Mitgliederversammlung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern nahm der Blick auf das Erreichte im Bericht von Präsidentin Charlotte Knobloch einen wichtigen Platz ein. Er war verbunden mit dem Dank an alle Beteiligten, allen voran den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern, die sich in ihren jeweiligen Kommissionen für spezielle Aufgaben engagieren. Neben einer Vorschau auf das kommende Jahr ging die Präsidentin mit großer Besorgnis auf die politische Lage ein.
Am Beginn der Veranstaltung stand in diesem Jahr das Gedenken an die verstorbenen Gemeindemitglieder, unter ihnen auch große Sponsoren der Gemeinschaft wie Fred Brauner sel. A. und Ghini Zaidman sel. A. Der Dank der Präsidentin richtete sich an die Gemeindemitglieder, die den letzten Dienst an den Verstorbenen leisten: die Chewra Kadischa sowie an Ruth Steinführer und Christian Greite, die sich um die notwendigen Behördenschritte kümmern. Eine Neuerung gab es auch hinsichtlich der Friedhofsverwaltung an der Garchinger Straße zu vermelden: Das Ehepaar Nissl verabschiedet sich zum Jahresende in den Ruhestand, wird aber den Nachfolger zunächst weiter unterstützen.
Politik Mit Blick auf die politische Entwicklung sprach die Präsidentin neben dem Rechtsextremismus auch dessen gefährliche Verschmelzung mit den linksextremen Autonomen sowie islamistischen Gruppen auf Basis ihres kleinsten gemeinsamen Nenners an: dem Hass auf den zionistischen Feind. »Als Brückenbauer und als Fürsprecher haben wir einen immer schwierigeren Stand«, beklagte Knobloch die Situation und erinnerte auch an die Entwicklung im Iran.
Die Präsidentin versprach, »dass wir nicht ruhen werden. Dass wir weiterhin mit aller Kraft für die Interessen und die Sorgen der jüdischen Gemeinschaft eintreten werden. Wir sind nicht viele. Wir sind eine der kleinsten Minderheiten in Deutschland. Umso mehr müssen wir die Verantwortlichen und die Entscheider in Politik und Gesellschaft an ihre Verantwortung erinnern.«
Nach diesen mahnenden Worten ging es dann um die Entwicklung innerhalb der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Mit dem Umzug an den Jakobsplatz ist hier viel Neues in den Alltag gekommen. Der alten Synagoge nimmt sich nun der neu gegründete Verein Synagoge Reichenbachstraße e.V. an: Knoblochs Dank hierfür galt Rachel Salamander, Christiane Moll, Ron Jakubowicz, Dietmar Müller-Elmau, Michael Brenner, Georg Grünberg und Christoph Sattler, die es sich »zur Aufgabe gemacht haben, jenes einzigartige Kultur- und Baudenkmal in München zu restaurieren, zu renovieren und für die Allgemeinheit zu erhalten«.
Der fünfte Jahrestag der Einweihung der Ohel-Jakob-Synagoge wurde mit dem Geschenk einer Torarolle gekrönt. Dem Festakt wohnten auch Ministerpräsident Horst Seehofer und Oberbürgermeister Christian Ude bei – »beide bekannten sich zu ihrer Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinschaft«, wie die Präsidentin in ihrem Rückblick unterstrich. »Diese ist verlässlich und bewährt. Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit dies auch so bleibt.« Bei dem Jahresrückblick ging es der Präsidentin neben der Erwähnung der zahlreichen Veranstaltungen aus allen Abteilungen des Hauses auch um einige besondere und weniger bekannte Initiativen.
Virtuell Eine davon ist das Projekt »Lebendige Erinnerung« – ein virtuelles Foto- und Dokumentationsarchiv unter der Federführung jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen UdSSR. Wichtig für das Erinnern an die Vergangenheit sei aber auch der »Tag der Befreiung«, der Sieg über Nazi-Deutschland. Knobloch verwies auf das Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten auf dem jüdischen Friedhof und die »ergreifende Gedenkfeier anlässlich der Bestattung der sterblichen Überreste unbekannter sowjetischer Kriegsgefangener« nahe Dachau.
Die Verbundenheit mit Israel haben Veranstaltungen zu Jom Hasikaron, Jom Haatzmaut und Jom Jeruschalajim unterstrichen. Knoblochs Dank galt auch den für Israel aktiven Vereinen Keren Hayesod mit David Leschem, KKL mit Katja Tsafir und der WIZO mit Helene Habermann, der Krebshilfe für Israel mit Anita Kaminski, Hadassah mit Thomas Ruzicka sowie dem Vorstand von Am Echad. Der Zionistischen Jugend wünschte sie, weiterhin an die Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen.
Einen besonderen Dank sprach sie namens des Vorstandes Torah MiTzion mit Rabbiner Brukner und seiner Frau aus – gerade und vor allem, was die Arbeit mit Jugendlichen und ihre Verortung und Verwurzelung in der jüdischen Religion betrifft. Große Anerkennung galt allen Abteilungen und Einrichtungen, die zu dem facettenreichen Gemeindeleben beigetragen haben – Schule und Kindergarten, Sozialabteilung, Seniorenheim, TSV Maccabi oder Saul-Eisenberg-Seniorenheim, aber auch das Jugendzentrum mit Marat Schlafstein und das Kulturzentrum mit Ellen Presser, Chabad Lubawitsch ebenso wie Europäische Janusz Korczak Akademie mit Stanislav Skibinski.
Letztere habe »in kurzer Zeit aus einer Idee eine Institution gemacht, die erheblich dazu beiträgt, bei vielen jüdischen wie nichtjüdischen Menschen das Interesse am Judentum und die jüdische Identität selbst zu stärken«. Die Integrationsabteilung der Gemeinde unter der Leitung von Olga Albrandt habe sich bereits über viele Jahre hinweg mit großem Erfolg den Bedürfnissen der Neuzuwanderer gewidmet.
Herausforderung Bei all dem Erfreulichen, das die Präsidentin in ihrem umfangreichen Bericht erwähnte, gibt es aber noch Herausforderungen für die Zukunft, die mit großem finanziellen Aufwand verbunden sind. Neben der Entlastung des Vorstandes für 2010 nahm die Billigung des Haushaltsvoranschlages für 2012 somit einen wichtigen Raum ein. Austritte aus dem Bekenntnis und der Tod großzügiger Sponsoren tragen zu einem prognostizierten Defizit bei.
Allerdings konnten in der Vergangenheit Schulden weiter abgebaut werden und der Voranschlag sei, wie Finanzreferent Abi Pitum betonte, sehr vorsichtig geplant. Entlastung für 2010 und Genehmigung des Etats 2012 wurden von der Versammlung mit großer Mehrheit erteilt. Dem Antrag von Hanna Feiereisen für eine Aufstockung des Zuschusses für den Frauenverein »Ruth« wurde zugestimmt. Auch die Änderung der Statuten mit einem aktiven Wahlrecht bei einem Jahr Gemeindezugehörigkeit sowie passivem Wahlrecht nach dreijähriger Zugehörigkeit wurde mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Bevor Rabbiner Arie Folger das Segensgebet sprach, dankte Präsidentin Charlotte Knobloch allen Mitarbeitern der IKG sowie ihren Vorstandskollegen ausdrücklich und namentlich. Denn sie alle haben zu dem erfolgreichen Weg der Gemeinde beigetragen.