von Igal Avidan
Einigen Mitgliedern der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld wird es langsam zu bunt. Sie haben jetzt ein Amtsenthebungsverfahren gegen den kommissarisch im Amt gebliebenen Vorstand Irith Michelsohn und Paul Yuval Adam angestrengt. Denn eigentlich hatten die Bielefelder bereits Ende Februar 2008 mit Mark Mazur und Anna Petrowskaja einen neuen Vorstand gewählt. Die Entscheidung wurde – wie das Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrats der Juden in Deutschland damals entschied – zu Recht angefochten. Der neue Vorstand hatte die Amtsgeschäfte nicht ordnungsgemäß übernommen.
Dann sollte Ende März gewählt werden. Auch dieser Termin kam nicht zustande. Man habe sich auf keine Kandidaten einigen können, hieß es. Im April schlossen der kommissarische Vorstand und das Ehrengericht der Gemeinde Mazur und Petrowskaja sowie drei weitere Oppositionsmitglieder aus der Gemeinde wegen »gemeindeschädigendem Verhalten« aus. Die Oppositionsvertreter dürften daher an Neuwahlen nicht teilnehmen. Diese strengten das Amtsenthebungsverfahren an, das derzeit vor dem Schiedsgericht des Zentralrats verhandelt wird, erklärte ihr Rechtsanwalt Rüdiger Fleischmann. Hinzu komme, dass Vorstand und Ehrengericht das Schiedsgerichtsurteil nicht anerken- nen, sagt Fleischmann. Das empört auch Marc Grünbaum, Vorsitzender des Schiedsgerichts: »Wir werden es nicht unwidersprochen hinnehmen, dass unsere Entscheidung nicht respektiert wird.«
Inzwischen will Irith Michelsohn bis Ende Juni neue Gemeindewahlen abhalten. »Ich habe keine Angst, gegen Mazur und Petrowskaja zu kandidieren«, sagte sie jetzt der Jüdischen Allgemeinen. Dennoch sei deren Kandidatur nicht korrekt. »In welchem Verein darf jemand eine Funktion ausüben, wenn er die Mitgliedsgebühren nicht bezahlt hat?« Sie betonte, dass die Gemeinde Bielefeld keinen Streit mit dem Zentralrat, sondern nur mit dem »einseitigen« Schiedsgericht habe. »Dessen Beschlüsse wurden mehrfach von jüdischen Gemeinden in Deutschland nicht anerkannt«, argumentiert Michelsohn.
Rechtsanwalt Fleischmann erklärte, er strebe die Nominierung eines Wahlleiters an, der das Verfahren für Neuwahlen be- stimmt. Dies würde durch die Amtsenthebung Michelsohns und Adams erleichtert. »Das Schiedsgericht ist für alle jüdischen Gemeinden zuständig und dessen Urteil, dass Mazur, Petrowskaja und Larissa Karwina an den Neuwahlen teilnehmen dürfen, wird jedes staatliche Gericht in Deutschland respektieren«, sagte er.
Das Schiedsgericht beschloss auch, die bisherige Wahlkommission ihres Amtes zu entheben. Der von ihm gesetzte Wahltermin, 17. Mai, kann jedoch nicht eingehalten werden, da die Fristen abgelaufen sind. Nun erwartet Fleischmann, dass das Schiedsgericht sein Urteil zur Amtsenthebung Michelsohns vor den angekündigten Gemeindewahlen fällt, »damit sie nicht durch Scheinwahlen wiedergewählt wird«.