von Elke Wittich
Mit einer Zeitung unterm Arm betritt der junge Mann das Schöneberger Café, setzt sich gemütlich an einen Tisch und bestellt einen großen Fruchtjoghurt. Soweit ganz normal. Allerdings ist der junge Mann – die verstohlenen Blicke der Umsitzenden verraten es – kein ganz gewöhnlicher junger Mann. Shai Hoffmann ist Serienstar. In der Sat 1-Telenovela Verliebt in Berlin spielte er den Alexander »Alex« Greifenhagen, einen mittelbösen, allerdings sehr charmanten Gauner – und Schwarm der mehrheitlich weiblichen Fans.
Mit seiner Bildschirmprominenz geht er ganz unbefangen um. »Ach«, lacht der 24jährige, »die meisten Fans sind sehr nett und höflich.« Und angesprochen zu werden sei doch schön, »denn dadurch kommt man ganz leicht mit Leuten in Kontakt«, sagt Shai. »Wer im Rampenlicht stehen will und sich gleichzeitig darüber beschwert, daß ihn Fans erkennen, hat doch seinen Beruf verfehlt.«
Zwei Fragen sind es, die die Mädchen vordringlich beantwortet haben wollen: Hat Shai eine Freundin, und was hat es mit seinem Vornamen auf sich? »Ich erkläre dann immer, daß Shai eben das hebräische Wort für Geschenk ist und meine aus Israel stammenden Eltern mich so genannt haben, weil sie sich so lange ein Kind wünschten.« Und auch, was es für ihn bedeutet, Jude zu sein: »An den Hohen Feiertagen gehe ich in die Synagoge, aber ich esse nicht koscher, nur eben zum Beispiel kein Schweinefleisch und keine Gelatine.«
Gerade am Tag zuvor war Hoffmann in Sachsen und hat dort zum ersten Mal vor Jugendlichen, »die noch nicht soviel mit Juden zu tun hatten«, über Israel gesprochen. »Die Öffentlichkeitsabteilung der israelischen Botschaft hat mich und andere prominente deutsche Juden dazu eingeladen, und ich habe sofort zugesagt«, erzählt er. Über Politik wolle er bewußt nicht sprechen. »Ich habe über das Land und das Alltagsleben abseits von dem, was man in den Nachrichten sieht, erzählt. Aber dann saßen dort, neben vielen netten Leuten, ein paar Provokateure aus dem rechten Lager und ich habe auch über meine Großeltern gesprochen, die alle im KZ waren.«
Die Reaktionen der Mehrheit seien sehr positiv gewesen. »Ich glaube, ich habe meine Liebe zu Israel gut rübergebracht«, freut sich Shai.
»In Israel bin ich absolut nicht bekannt. Dort ist für mich richtiger Urlaub«, schwärmt er. »Zwei, drei Wochen im Jahr bin ich mindestens dort und besuche meine Familie, unter anderem in Haifa. Wir unternehmen viel, und ich werde mit leckerem Essen regelrecht gemästet. Israel ist einfach mein zweites Zuhause.«
Im ersten Zuhause wird dagegen gerade an der Karriere gearbeitet, der Seriendarsteller ist schließlich in erster Linie Sänger mit eigener Band. Die »Shaikers« gehen demnächst wieder mit ihrem Pophits-Cover-Programm auf Tour, was nicht nur auf der Bühne ein anstrengender Job ist. »Ich kümmere mich um das ganze Drumherum«, erzählt Shai. »Ich mache die Auftritte klar, kümmer mich um die Gagen und um den Tourbus. Natürlich lerne ich dabei eine ganze Menge, aber einen eigenen Musikmanager zu haben wäre schon schön, schließlich ist das alles schon ein bißchen viel.«
Denn langfristig wollen die Shaikers, »eine echte Multikulti-Band mit zwei Deutschen, einem Perser, einem Schweden« eigene Songs schreiben. »Das soll in Richtung Pop und Soul, mit leichten Blues-Einflüssen, gehen. Ich mag Justin Timberlake und Robbie Williams.« Ein Instrument spielt Shai nicht, nur ein paar Griffe auf der Gitarre. »Wenn ich eine Idee habe, singe ich sie aufs Diktiergerät und präsentiere sie dann unserem Gitarristen.«
Muß jemand, der die Musik als seine »große Liebe« bezeichnet, nicht eigentlich in einem äußerst musikbegabten Elternhaus aufgewachsen sein?
Nein, von seinen Eltern habe er das Gesangstalent ganz sicher nicht geerbt, grinst Hoffmann. »Wenn meine Mutter singt, dann fängts an zu donnern und zu regnen. Mein Vater ist, nennen wirs mal wohlwollend, eher so der Freestyle-Rapper.«
Und trotzdem habe er schon als kleiner Junge Popstar gespielt, »bevor ich in den Kindergarten ging, habe ich morgens immer mit meinem Kassettenrekorder auf dem Bett gestanden und gesungen, getanzt und moderiert. Und fand mich dabei natürlich ganz toll.«
In der Schule habe er sich dann ziemlich gelangweilt. »Ich hatte immer meine Träume im Kopf, und fand, das Abitur sei für künstlerische Berufe nicht notwendig.«
Das gute Abschneiden bei Talentwettbewerben wie dem Gewinn des zweiten Berliner »Talent Award« führte allerdings nicht dazu, daß Shai sich kopfüber in die Gesangskarriere stürzte. »Meine Eltern haben darauf bestanden, daß ich die Schule und meine Ausbildung zum Hotelfachmann beende.« Heute sei er ihnen dafür dankbar, sagt Shai, die Lehre habe ihm persönlich viel gebracht. »Wo lernt man sonst Menschen aus allen Nationen und Kulturen kennen? Außerdem habe ich Disziplin gelernt und die Ausbildung durchgezogen, auch wenn es manchmal wirklich schwerfiel, früh aufzustehen und acht, neun Stunden zu arbeiten.«
Diese Disziplin und Beharrlichkeit halfen Shai auch, als ihm zunächst eine kleine Rolle bei der RTL-Serie Gute Zeiten, schlechte Zeiten und später dann die Rolle bei Verliebt in Berlin angeboten wurde. »Ich habe die Schauspielerei ja nicht von der Pike auf gelernt. Deshalb war und bin ich extrem dankbar dafür, diese Erfahrung machen zu dürfen.«
Gefahr, dabei abzuheben, bestehe nicht, ist sich Shai sicher: »Meine Freunde sind alle mehr bodenständige Typen mit geregelten Jobs und festem Einkommen. Und ich helfe ja zum Beispiel auch meinem Vater in der Makkabi-Kneipe am Eichkamp aus.« Die Glamourwelt werde schließlich überschätzt: »Mein Handy ist so voll mit Nummern, daß kaum noch neue hineinpassen. Aber wenn es mir mal wirklich schlecht geht, dann gibt es nur ganz wenige Leute, die ich anrufen kann. Nein, das ist schon eine sehr oberflächliche Welt.«
Klingt nicht so, als müsse man sich um den großen Jungen Sorgen macht, falls er irgendwann ein ganz großer Star ist. Oder es nichts wird mit der Sänger-Schauspielerkarriere. »Sicher nicht«, bekräftigt Shai, »wenns nicht so klappt, wie ich mir das vorstelle, dann mache ich eben etwas anderes. Denn irgendwann möchte ich Familie haben und meinen Kindern auch etwas bieten können«, sagt er. »Vielleicht gründe ich dann eben eine Künstleragentur.«