Treffpunkt ist die Casa de Sefarad, das Haus der Erinnerung in der Altstadt von Córdoba. Die siebenköpfige Reisegruppe aus Israel kommt direkt aus Toledo und hat noch ein umfangreiches Programm vor sich. Von hier aus geht es auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit Spaniens weiter in die südwestspanische Extremadura – in die mittelalterliche Provinzhauptstadt Cáceres und in das Bergstädtchen Hervás – und weiter nach Kastilien: Avila, Segovia, Madrid.
Es ist keine normale Reisegruppe, die an diesem Abend im Innenhof des prächtigen Hauses aus dem 14. Jahrhundert den Erläuterungen über das Leben der Juden im mittelalterlichen Córdoba lauscht. Alle Teilnehmer dieser Rundreise sind professionelle Touristenführer. Sie bereiten ein Austauschprogramm des israelischen Erziehungsministeriums vor. In Zusammenarbeit mit einem Reiseunternehmen sollen von diesem Sommer an israelische Oberstufenschüler wichtige Orte sefardischen Lebens im mittelalterlichen Spanien kennenlernen.
»Dies ist der einzige Ort auf der Welt, wo es ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden, Christen und Muslimen gegeben hat. Wir wollen den israelischen Schülern diese Welt begreiflich machen, wo die jüdische Kultur in einen intensiven Austausch mit den anderen Kulturen getreten ist«, erklärt Leah Netzer, die mit der Reiseagentur Geographical Tours aus Tel Aviv das Austauschprogramm vorbereitet. »Ich habe für dieses Projekt keine einfachen Touristenführer gesucht, sondern eine Art Erzieher, die den Jugendlichen diese Inhalte vermitteln können.«
Seit drei Jahren habe sie das Schüleraustauschprogramm mit vorbereitet, sagt die Generalsekretärin des »Verbands der spanischen Judenviertel«, Asunción Hosta. »Erst im Dezember haben israelische Schuldirektoren und Vertreter der Schulbehörden von neun israelischen Städten die von uns ausgearbeitete Route besucht.« In Zukunft sollen auch spanische Schüler nach Israel reisen. Dazu ist kürzlich eine spanische De- legation zu Sondierungsgesprächen nach Israel gefahren.
Die Rundreise der israelischen Reiseführer ist Geschichtsunterricht im Schnelldurchgang. Verantwortlich für den historischen Teil des Programms ist Ami Barr, der seit Jahrzehnten Reisegruppen in Israel und in aller Welt führt, auch häufig nach Spanien.
Im kastilischen Ávila berichtet er der Gruppe nicht nur über den ersten Schauprozess des Großinquisitors Torquemada gegen drei Juden 1491, der die öffentliche Stimmung für die Vertreibung aller Juden im folgenden Jahr vorbereitete, sondern auch von den mystischen Gedichten der katholischen Ordensgründerin Teresa von Ávila. Was viele nicht wissen: Die Struktur ihrer Gedichte geht auf die Kabbala zurück. »Teresas Großvater war ein konvertierter sefardischer Jude, sie selbst wagte eine gefährliche Gratwanderung«, sagt Amir Barr.
Solche Erkenntnisse über den Einfluss der Sefarden auf die Kulturgeschichte Spaniens sollen den israelischen Schülern während einer achttägigen Reise vermittelt werden. Nach ihren Besichtigungen setzt sich die Gruppe immer wieder zusammen, um über didaktische Fragen zu diskutieren. »Die Geschichte von Sefarad ist ein fundamentaler Teil des Judentums. Ich will mein Wissen über diese Welt vertiefen und Jugendliche über das Thema informieren«, erläutert der aus Argentinien stammende David.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Menashe wird er noch in diesem Monat die erste Schülergruppe durch das sefardische Spanien führen. »Wir begleiten schon seit mehr als zehn Jahren Schülergruppen nach Polen, um über die Schoa aufzuklären. Aber auch die Judenvertreibung aus Spanien ist ein historisches Ereignis, das die jüdische Welt radikal verändert hat«, sagt Menashe. Uwe Scheele
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