von Jürgen Voges
Eigentlich schien die Jüdische Gemeinde Hannover nach vielen Turbulenzen mit dem 2004 gewählten Vorsitzenden Michael Krebs endlich auf einem ruhigeren und guten Weg zu sein. Doch mittlerweile stehen die 4.000 Gemeindemitglieder erneut ohne Vorsitzenden und ohne Rabbiner da. Und nun ist es Michael Krebs selbst, der für negative Schlagzeilen sorgt.
Aus gesundheitlichen Gründen habe er sein Amt aufgegeben, hieß es zunächst, als der Gemeindevorsitzende Mitte Dezember seinen Rücktritt erklärte. Doch bei einem Arbeitsgerichtsprozeß, den Rabbiner Reuven Unger gegen die Gemeinde führte, erklärte Ungers Anwalt dem Gericht unter anderem, der Gemeindevorsitzende Krebs sei wegen der Kündigung des Rabbiners zurückgetreten. Daraufhin nannte Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden in Niedersachsen und Mitglied der Repräsentanz in Hannover, dem Arbeitsrichter in zwei knappen Sätzen finanzielle Unregelmäßigkeiten als Grund von Krebs’ Rücktritt. Im Arbeitsgerichtsprozeß, den Rabbiner Unger verlor, kam der Zweizeiler vor zwei Wochen zur Sprache. Die Lokalpresse und schließlich die Staatsanwaltschaft wurden aufmerksam. »Gegen Michael Krebs besteht ein Anfangsverdacht der Untreue. Und wir ermitteln, ob die öffentlich erhobenen Vorwürfe stimmen oder nicht«, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Klinge.
Fürst sind die Vorwürfe bereits seit Dezember bekannt. Dabei gehe es keinesfalls um große Summen, sondern lediglich um einige wenige Punkte, betont er. So habe sich Krebs eine Hotelrechnung von der Gemeinde erstatten lassen, obwohl es sich um eine Privatreise gehandelt habe. Zudem sei der Verbleib einer Barspende in Höhe von 700 Euro, die Krebs gegen Quittung für die Gemeinde entgegengenommen habe, nicht mehr zu klären. Krebs wolle sie der Sekretärin auf den Tisch gelegt haben. Doch die habe sie nach eigenem Bekunden nicht erhalten. Die beiden Vorfälle seien »Anlaß genug gewesen, Michael Krebs am 12. Dezember den Rücktritt nahezulegen«, sagt Fürst.
Fürst zufolge wurden mittlerweile zudem die Rechnungen eines Großmarkts überprüft, bei dem der ehemalige Vorsitzende vermeintlich für die Gemeinde eingekauft, aber auch Hundefutter abgerechnet habe. Insgesamt belaufen sich die Rechnungen auf einen niedrigen vierstelligen Betrag.
Bei der Trennung des Gemeindevorstandes von Rabbiner Reuven Unger lagen nach dem Worten von Fürst hingegen »Schwierigkeiten mit dem Ehepaar Unger« zugrunde. Zudem habe sich der Rabbiner »nicht immer der Gemeinde insgesamt gewidmet«.
Rabbiner Unger hatte in Hannover nur einen befristeten schriftlichen Vertrag, der mündlich verlängert worden war. Daher hatte er eine kurze Kündigungsfrist und wenig Chancen beim Arbeitsgericht.
Michael Krebs seinerseits versichert: »Ich war mit ganzem Herzen Vorsitzender.« Zu den Vorwürfen will er sich nicht äußern. Er sei »froh darüber, daß es bei der Staatsanwaltschaft ist«, sagt er lediglich. Nun solle man das Ende der Ermittlungen abwarten. Die Wahrheit habe lange Beine.