Köln

Zankapfel Rathausplatz

von Constantin
Graf von Hoensbroech

Nachdem der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma Ende vergangenen Jahres seine Bedenken gegen die Errichtung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur auf dem Rathausvorplatz aufgegeben hatte (vgl. Jüdische Allgemeine vom 16. Februar 2006), bringt das Stadtoberhaupt nun erneut Bewegung in die Diskussion über die Realisierung des Projekts: Schramma schlägt vor, ein Modell des Museums zu errichten. Auf dem Platz vor dem Rathaus soll der Entwurf der Architekten Joachim Schürmann und Valeska Zohm aufgebaut werden und so einen Eindruck von der möglichen Bebauung des Areals vermitteln. Der Entwurf ähnelt einem kantigen U und würde bei seiner Realisierung durch seine kleinteilige und durchlässige Struktur drei kleinere Platzflächen entstehen lassen.
Der Vereinsvorstand der »Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur«, der die Architekten mit der Entwurfsplanung betraut hatte, spricht sich klar gegen einen solchen Modellversuch aus und bezweifelt die tatsächliche Aussagekraft. Eine neue Überlegung zielt darauf, eine Infobox auf dem Rathausplatz aufzustellen und in ihr die mögliche Bebauung zu visualisieren. Joachim Schürmann steht dem Vorschlag des Oberbürgermeisters neutral gegenüber. Gleichwohl formuliert er in einer internen Stellungnahme, die der Jüdischen Allgemeinen vorliegt, mehrere planerische und bauliche Bedenken. Unter anderen heißt es: »Auch die in Zukunft entstehenden Plätze müssen bei einem solchen Modell erkennbar sein, um die wichtigen städtebaulichen Komponenten sichtbar zu machen.«
Mit diesem Hinweis zielt Schürmann auf den eigentlichen Kern der Debatte über das Für und Wider der Bebauung des Kölner Rathausvorplatzes. Kritiker verweisen darauf, daß vor fast jeder Stadt- oder Gemeindeverwaltung eine große Platzfläche vorhanden ist. Außerdem gilt der Kölner Rathausvorplatz in seiner jetzigen Gestalt vielen als ein weitestgehend gelungen gestaltetes ehemaliges Trümmergrundstück. Und das in einer Stadt, die ohnehin arm ist an ansehnlichen Plätzen. Befürworter verweisen auf die geschichtliche Bedeutsamkeit des Ortes. Der heutige Rathausvorplatz entspricht dem Zentrum des jüdischen Viertels im Mittelalter. Das Modell ließe sich nahtlos in die sogenannte archäologische Zone einbinden. Dieses städtebauliche Schwerpunktprojekt will die baulichen Zeugnisse, Relikte und Baudenkmäler aus 2000 Jahren Kölner Stadtgeschichte in der Innenstadt vollständig freilegen und zugänglich machen.
Die Errichtung des geplanten Hauses und Museums der jüdischen Kultur, das auch die jüdische Kultur Nordrhein-Westfalens abdecken soll, wäre in den Augen der Befürworter, wie des FDP-Vorsitzenden der Stadtratsfraktion, Ralph Sterck, »eine in Europa einmalige Chance an einem authentischen Ort der Zeitgeschichte«. Auch bei der Synagogen-Gemeinde findet das Vorhaben größte Aufmerksamkeit. Vorstandsmitglied Abraham Lehrer erklärt: »Wenn wir ein jüdisches Museum hätten, wäre das nicht nur ein toller Anschauungsunterricht für Schulklassen, sondern es würde auch helfen, den Antisemitismus klein zu halten.«
Bevor es jedoch so weit kommt, muß zunächst die politische Entscheidungsfindung abgeschlossen werden. Das heißt, der Stadtrat kann über das Projekt erst befinden, wenn sich die Fraktionen auf die Bebauung des Rathausvorplatzes verständigt haben. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sind nun in die Offensive gegangen und wollen im Mai einen gemeinsamen Antrag im Stadtparlament einbringen. Tenor: Grundsätzlich wird die Bebauung des Rathausvorplatzes favorisiert, zuvor soll aber in einem Qualifizierungsverfahren nach der bestmöglichen städtebaulichen und architektonischen Lösung gesucht werden. Auch die CDU hat sich mittlerweile zu Wort gemeldet – ohne sich jedoch auf einen Standort festzulegen – und den Vorschlag ihres Parteifreunds Oberbürgermeister Fritz Schramma aufgegriffen. »Der Entwurf soll so plastisch wie möglich dargestellt werden«, sagt Fraktionschef Winrich Granitzka und ergänzt: »Mit ihrer Meinung werden die Bürger an dieser Entscheidung mitwirken, es ist schließlich ihr Platz.«
Für den Vorstand der Museums-Gesellschaft ist jedoch klar, daß nur der Schürmann-Entwurf Grundlage der Diskussion sein kann. In seiner Stellungnahme weist der Vorstand darauf hin, daß er die Anfrage vor drei Jahren, eine Projektentwicklung für das Haus zu erarbeiten, nur unter der Voraussetzung angenommen habe, »daß wir nicht mehr bereit sind, lediglich Entscheidungshilfen und -vorgaben zu Planspielen für Unentschlossene zu liefern«. Hierüber habe auch Einvernehmen bestanden. Der Hintergrund ist, daß Schürmann sich bereits in den Jahren 1971 und 1979 erfolgreich an zwei Wettbewerben sowie 1995, ebenso mit Erfolg, an einem Workshop für die städtebauliche Gestaltung des Areals rund um das Rathaus beteiligt hat. »Es geht nicht«, stellt er unmißverständlich fest, »mit unserem Entwurf zu arbeiten und gleichzeitig nach einem Wettbewerb zu rufen.«

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