Von außen wirkt das Haus ein wenig un-scheinbar: Mosaikfliesen zieren den Bau, der mit seiner schlichten typischen Nachkriegsarchitektur an eine Schule oder eine Behörde denken lässt. Fast würde man das Gebäude übersehen, gäbe es nicht doch einige Besonderheiten: so etwa den bewachten Metallzaun, der das Gelände großzügig umfasst, die Skulptur einer Torarolle im Hof oder den steinernen Eingangsbaldachin, der so harsch mit der ansonsten funktionalen Bauweise kontrastiert. Am 27. September 1959 wurde das Jüdische Gemeindehaus eingeweiht – die Ausstellung »Symbol des Neuanfangs – 50 Jahre jüdisches Gemeindehaus«, die zu den Jüdischen Kulturtagen eröffnet wird, erinnert aus diesem Anlass in Fotos und Dokumenten an die Geschichte des Hauses, das immer auch Spiegelbild der Berliner Gemeinde war.
Organisiert wird die Schau von Esther Slevogt: Im Gemeindeblatt veröffentlichte die Journalistin einen Aufruf, indem sie nach Fotos aus den vergangenen 50 Jahren fragte. Die eingesandten Bilder, ebenso wie weitere Fotos, Briefe, die Grundsteinurkunde und Telegramme zur Eröffnung des Hauses von Konrad Adenauer und Heinrich Lübke werden nun ab 30. August die Geschichte des Gemeindehauses illustrieren. Als Slevogt 1980 zum Studium nach Berlin gekommen sei, habe sie das Haus als heimelig empfunden: »Gerade diese Spießigkeit, die es ausstrahlt, hat mir gefallen. Dazu wohnt ihm eine gewisse Melancholie inne – ein Schmerz, der in dem Gebäude und seiner Architektur aufbewahrt wird.«
Das schlichte Gebäude gab Anlass für heftige Diskussionen. Wofür brauchen wir so ein Gemeindehaus? Und dann auch noch in so einer exponierten Lage nahe des Kurfürstendamms? Ein gutes Jahrzehnt nach Kriegsende wollten viele Juden vor allem eines: nicht auffallen. Ein offensichtliches Zentrum wurde skeptisch gesehen.
Schließlich wurden die Bochumer Architekten Dieter Knoblauch und Hans Heise mit dem Bau beauftragt. Sie schufen nicht nur einen Neubau, sondern gliederten auch Altes ein: Denn das Gemeindehaus steht auf dem Gelände, auf dem 1912 die erste Synagoge außerhalb Alt-Berlins nach Plänen von Ehrenfried Hessel eingeweiht worden war.
In der Pogromnacht wurde das Gotteshaus zerstört, Reste seiner Fassade sowie der Eingang der alten Synagoge wurden in das neue Gemeindehaus integriert. »Hier traf man sich für Hochzeiten und Beschneidungen, Bar-/Batmizwas und Purim-Feste, Gemeindeseder oder Chanukka-Bälle«, zählt Esther Slevogt auf. In dieser Zeit sei das Haus das »Wohnzimmer der Gemeinde« gewesen, genauso wie »Podium der großen Politik« – Staatsmänner aus aller Welt wurden hier empfangen. Meist fanden die bunten Veranstaltungen hinter verschlossenen Türen statt – durchaus auch symbolisch für die Zeit. »Man blieb damals unter sich«, so Slevogt. »Insofern war das Gemeindehaus immer auch ein Inbegriff für die Nachkriegszeit.«
Gleichzeitig habe das Zentrum aber auch Impulse für ganz Deutschland gegeben: 1965 wurde hier die erste Ausstellung über jüdisches Leben nach dem Krieg gezeigt. Die Bedeutung, die das Haus schnell erlangte, wurde 1969 auf traurige Weise dokumentiert: Ein versuchter Sprengstoffanschlag Linksradikaler scheiterte. Nicht der einzige Angriff: 1975 wurde ein Briefbombenattentat auf Galinski verübt.
Das jüdische Leben hat sich inzwischen verlagert. So zog die Verwaltung der Ge-meinde 2006 in die Oranienburger Straße um. Zwar gibt es noch immer große Veranstaltungen in der Fasanenstraße, noch dazu haben Bibliothek und Jüdische Volkshochschule ihren Sitz dort. Dennoch wirkt es, als befinde es sich in einem Übergangsstadium. »Vielleicht muss sich das Gemeindehaus daher nun neu erfinden«, sagt Esther Slevogt. Alice Lanzke
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