Herr Tweraser, zusammen mit der Amadeu Antonio Stiftung und der Initiative »Laut gegen Nazis« veranstalten Sie derzeit »361 Grad Toleranz«, den YouTube-Schülerwettbewerb gegen Ausgrenzung. Was versprechen Sie sich davon?
Wir möchten damit ein Zeichen gegen Rassismus und jede Art der Ausgrenzung setzen. YouTube verfügt über eine weltoffene Community und will einen Impuls geben, sich intensiver mit dem Thema Rechtsextremismus auseinanderzusetzen. Es ist ein zeitgemäßer Video-Wettbewerb, der junge Menschen dort erreicht, wo sie sich aufhalten: auf dem Schulhof und im Internet.
Eignen sich Internet-Plattformen, Jugendliche dafür zu gewinnen, sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren?
YouTube ist zuallererst eine technische Plattform, die keine eigenen Inhalte produziert, geschweige denn eine Diskussion in der Familie oder an Schulen ersetzen kann. Wir versuchen mit diesem Wettbewerb, die Medienkompetenz der Jugendlichen zu stärken.
Inwiefern?
Die Schüler sind aufgefordert, sich kreativ mit Ausgrenzung, Rechtsextremismus und Intoleranz auseinanderzusetzen. Für die Videos müssen sie sich Gedanken zu diesen Themen machen. Wir hoffen außerdem, dass viele Lehrer die Teilnahme am Wettbewerb als Klassenprojekt durchführen. Dafür werben auch unsere Partner: die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche UNESCO-Kommission und die Initiative »Schule ohne Rassismus«.
Man könnte den Eindruck haben, YouTube will mit »361 Grad Toleranz« sein Image verbessern, weil weiterhin viele rechtsextreme Videos dort eingestellt werden.
Wir tun eine Menge, um zu verhindern, dass einige wenige Nutzer YouTube für ihre Propaganda missbrauchen. Sowohl in technischer Hinsicht mit spezieller Software als auch personell mit eigens dafür geschulten Teams. Unser Ziel ist es, YouTube für Rechtsextreme so unattraktiv wie möglich zu machen. Auch mit »361 Grad Toleranz«.
Davon ist noch nicht viel zu bemerken.
Wir haben große Fortschritte im Kampf gegen rechtsextreme Inhalte gemacht. Das wird auch von unabhängigen Stellen bestätigt. Es ist aber nicht einfach. Automatisierte Filter können nicht zwischen Propaganda- und Lehrfilmen unterscheiden. Deswegen haben wir geschulte Mitarbeiter, die einschlägige Videos in der Regel innerhalb von einer Stunde beurteilen und entfernen.
Und darüber hinaus?
Wir sensibilisieren unsere Nutzer und arbeiten mit jugendschutz.net zusammen, das uns über Beiträge mit rechtsextremen Inhalten auf YouTube informiert. Wir unterstützen auch Organisationen wie die Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Zum Teil geschieht dies finanziell oder indem wir die Forschungseinrichtung prominent auf unserer Internetplattform platzieren.