Herr Salm, Sie sind zum Koordinator des Arbeitskreises zur Bekämpfung des Antisemitismus bestimmt worden. Wie darf man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?
Wir haben uns vorgenommen, einen Bericht zu erarbeiten, der zum 9. November 2011 dem Bundestag vorgelegt werden soll. Auf dieses Ziel hin richten wir unsere Arbeit aus. Es geht darum, eine Bestandsaufnahme des Antisemitismus in Deutschland zu erstellen. Dafür ist es notwendig, bereits vorliegende Studien auszuwerten und sie miteinander zu vergleichen.
Können Sie auch eigene Untersuchungen anregen oder in Auftrag geben, wenn Ihnen Defizite auffallen?
Das diskutieren wir gegenwärtig. Nach der Bestandsaufnahme werden wir uns darum bemühen, sinnvolle Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus zu entwickeln.
Das Gremium ist sehr heterogen zusammengesetzt. Gab es schon Konflikte?
Wir mussten uns natürlich erst einmal kennenlernen. Die Mitglieder sind ja ganz unterschiedliche Menschen mit sehr unterschiedlichen Kompetenzen. Aber das ist durchaus anregend.
In Deutschland wird zurzeit viel über Islamophobie diskutiert. Und oft werden Parallelen zum Antisemitismus gezogen. Ist das auch ein Thema, das die Kommission diskutiert?
Islamophobie und Antisemitismus sollte man nicht in einen Topf werfen, und das ist auch nicht unser Auftrag. Der Antisemitismus hat eine jahrhundertealte Tradition, die zum Mordprogramm der Nazis geführt hat. Das kann man nicht mit der Furcht vor dem Islam gleichsetzen. Allerdings lehrt die Geschichte des Antisemitismus, dass man gegen Rassismus und andere Diskriminierungen vorgehen muss.
Das Gremium wurde vom Bundesinnenministerium zusammengestellt. Gibt es politische Vorgaben?
Nein, wir sind eine unabhängige Kommission, die sich ihre Themen selbst aussucht.
Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung hat ein Anti-Extremismus-Konzept vorgelegt, wonach links und rechts ähnlich zu betrachten und zu bekämpfen seien. Wird der Antisemitismus allein als Phänomen politischer Extremisten verstanden?
Dieses Konzept hat keinen Einfluss auf unsere Arbeit. Wenn wir allerdings daran gehen, Maßnahmen gegen Antisemitismus zu entwickeln, die konkret in Projekte umgesetzt werden sollen, wird man sich wohl mit der Rechts-Links-Frage auseinandersetzen müssen. Ich glaube, dass durch die Autonomie des Gremiums die Chance besteht, eine eigene und gut begründete Sichtweise zu entwickeln.
Mit dem Vorstandsvorsitzenden der »Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« sprach Martin Krauß.