Herr Senderey, Ihre Einrichtung versucht, jüdischen Gemeinden bei ihrer Entwicklung zu helfen. Jetzt haben Sie das Meinungsforschungsinstitut Gallup damit beauftragt, eine Umfrage unter jüdischen Multiplikatoren in 32 europäischen Län- dern durchzuführen. Was wollen Sie herausfinden?
senderey: Im Europa verschwinden derzeit Grenzen, und es verändern sich Zugehörigkeiten. Wir wollen herausfinden, welche Trends und Kräfte die jüdische Identität in Europa heute beeinflussen und stärken.
Welche Bereiche erfasst die Umfrage?
senderey: Es geht um viele Themen, unter anderem um Israel, Antisemitismus, Sicherheit, Mischehen und Jugend. Ein großes Problem vieler Gemeinden ist die Altersstruktur. Die Gruppe der 15- bis 40-Jährigen ist im Gemeindeleben kaum aktiv. Und die moderne Kommunikationstechnologie hat völlig neue, virtuelle Orte geschaffen, wo sie sich treffen. Es sind Internet-Gemeinden entstanden wie Facebook und MySpace. Jede Gemeinschaft muss mit der Zeit gehen, das gilt auch für die jüdische. Wir müssen die neuen Erfindungen in unseren Dienst stellen. Wir müssen herausfinden, was die Menschen denken, um sie zu erreichen.
Werden den Gesprächspartnern in allen Ländern dieselben Fragen gestellt?
senderey: Es gibt kein Formular mit Fragen, die abgearbeitet werden, sondern die Umfrage basiert auf Interviews. Es gibt einen gemeinsamen Rahmen, aber es hängt ab von den Fragenden und den Befragten, inwiefern sie auf kulturelle Unterschiede und Besonderheiten eingehen. Wir vertrauen Gallup, das ist ein renommiertes Institut, diese Leute haben große Erfahrung.
Wie viele Menschen werden befragt?
senderey: Rund 300, davon etwa 40 in Deutschland. Wir befragen Menschen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Funktionen, um ein möglichst genaues Bild von den jüdischen Gemeinden Europas und ihren Problemen zu bekommen.
Und was passiert mit den Ergebnissen der Umfrage?
senderey: Sie werden Anfang 2009 veröffentlicht. Sie sollen Gemeindeleitern und führenden Mitarbeitern jüdischer Organisationen in ganz Europa helfen, die Gegenwart besser zu verstehen und ihre Gemeindeaktivitäten dementsprechend zu verändern.
Mit dem Direktor des International Centre for Community Development sprach
Tobias Kühn.