»Wir kämpfen um das Leben unserer Kinder«
Miki Goldwasser über ihren
entführten Sohn und Solidarität
Frau Goldwasser, haben Sie ein Lebenszeichen Ihres Sohnes?
goldwasser: Nein, seit fast fünf Monaten haben wir keine einzige Nachricht von ihm.
Wie haben Sie die Solidaritätskundgebung jüdischer Gemeinden Europas am Mittwoch vergangener Woche in Brüssel erlebt (vgl. S. 6)?
goldwasser: Ich war tief bewegt. Juden aus ganz Europa sind zusammengekommen. Alleine aus Paris sind sie in 35 Bussen angereist. Auch viele ältere Leute haben stundenlang ausgeharrt, um uns ihre Solidarität zu zeigen.
Zeitgleich fand auch in Berlin eine Mahnwache statt. Was bedeuten Ihnen derartige Aktionen?
goldwasser: Die Tatsache, daß es kaum einen Juden auf der Welt zu geben scheint, der nicht an unserem Schicksal teilhat, ist für uns alle sehr bewegend. Juden, die weit entfernt in Europa oder Amerika leben, nehmen Anteil an den Sorgen von Familien in Israel, die nicht wissen, wie es ihren Söhnen geht. Dieses Mitgefühl, diese Herzenswärme und Liebe – ich glaube, das gibt es bei keinem anderen Volk.
In Brüssel sind Sie wieder mit Vertretern der EU und verschiedener europäischer Staaten zusammengetroffen. Was sagen Sie denen?
goldwasser: Wir haben nur eine Bitte: Wir wollen endlich wissen, was mit unseren Söhnen ist. Die europäischen Staaten kümmern sich um humanitäre Hilfe für den Libanon. Das ist gut. Aber gleichzeitig brauchen auch wir ihre Hilfe. Wenn sich wirklich alle europäischen Regierungen dafür einsetzen würden, daß wir zumindest eine Nachricht von unseren Söhnen erhalten, das würde den Druck erhöhen: auf den Libanon, auch wenn die Regierung dort im Moment erhebliche politische Probleme hat, und auf die Hisbollah.
Sie waren in Paris, London und New York. Sie reden mit Staatschefs und anderen Politikern. Am Sonntag ist Ihre Schwiegertochter Karnit Gast im deutschen Fernsehen. Woher nehmen Sie die Kraft?
goldwasser: Wir kämpfen um das Leben unserer Kinder! Wenn man mir sagen würde, ich solle auf den Kilimandscharo klettern oder zur tiefsten Stelle des Meeres tauchen, würde ich das machen. Ich würde auch in den Libanon gehen und auf allen vieren zur Hisbollah kriechen, wenn es nötig wäre. Ich tue es für meinen Sohn.
Mit der Mutter von Ehud Goldwasser sprach Detlef David Kauschke.