Belgien

»Wir haben uns daran gewöhnt«

von Benjamin Hammer

Belgien ist am vergangenen Sonntag noch ein Stück weiter nach rechts gerutscht. Bei den Parlamentswahlen wurde die christdemokratische Partei CDV des Ministerpräsidenten von Flandern, Yves Leterme, stärkste Kraft. Ein Regierungswechsel ist die Folge. Leterme löst Premierminister Guy Verhofstadt ab. Dessen liberale Partei VLD stellt im neuen Parlament nur noch 18 Abgeordnete. Die Christdemokraten um Leterme holten dagegen 30 der 150 Mandate.
Die ultranationalistische Partei Vlaams Belang (»Flämisches Interesse«) konnte 12 Prozent der Stimmen gewinnen und sicherte sich damit 17 Sitze in der Abgeordnetenkammer in Brüssel. Und erstmals zieht auch die neue Partei des rechtsliberalen Populisten Jean-Marie Dedecker ins Parlament, mit gleich fünf Abgeordneten.
Keine guten Nachrichten für Belgiens Juden, dennoch reagieren sie gelassen. Bereits seit 1978 sitzen Vertreter von Vlaams Belang, die sich bis 2004 Vlaams Block nannte, im Parlament. Es scheint, als habe man sich abgefunden mit den Nationalisten, die eine Abspaltung des niederländischsprachigen Flandern vom Rest des Landes fordern. Das Programm der Partei ist offen ausländerfeindlich, in Deutschland kooperiert sie mit der NPD und der DVU.
Dessen ungeachtet hat Vlaams Belang angekündigt, die jüdischen Gemeinden in Belgien unterstützen zu wollen. Doch die erteilen dem Angebot eine klare Absage. »Wir wollen mit denen nichts zu tun haben«, sagt Eli Ringer, früherer Präsident des Forums der Juden in Flandern. »Eine Partei, die Teile der Bevölkerung ausgrenzen möchte, ist immer gefährlich. Irgendwann könnten sie auch für uns gefährlich werden.« Laut Ringer gibt es in der Partei noch viele, die eine »nostalgische Beziehung« zu Hitler haben. »Wir sind nicht glücklich mit diesem Wahlausgang«, sagt Ringer. Entrüstung klingt anders. Und Ringer räumt ein: »Wir haben uns halt daran gewöhnt, leider.«
Belgien ist ein geteiltes Land, auch politisch. Im reichen Flandern bekamen am Sonntag die Christdemokraten die meisten Stimmen, im französischsprachigen Wallonien die Sozialisten. Auch die jüdische Gemeinde Belgiens ist gespalten. In Antwerpen (Flandern) gibt es viele Ultra-orthodoxe, in Brüssel leben die meisten säkularen Juden des Landes. Das hat Auswirkungen auf das Wahlverhalten: »In Flandern wählen die meisten Juden rechts-liberal«, glaubt Eli Rieger, der in Antwerpen wohnt. »Im Süden des Landes stimmen die Leute eher für linke Parteien wie die Sozialisten.« In Belgien herrscht Wahlpflicht, alle Einwohner mussten am Sonntag ein Kreuzchen machen.
Wer das Land in Zukunft regieren wird, ist noch unklar. Elf Parteien ziehen ins neue Parlament ein, das macht die Regierungsbildung schwierig. Die Bildung einer neuen Regierung könnte sich noch mehrere Wochen hinziehen. Bisher haben alle gemäßigten Parteien eine Koalition mit Vlaams Belang ausgeschlossen.
Das Consistoire Central Israelite de Belgique, das belgische Pendant des Zentralrats der Juden in Deutschland, hofft auf die Unterstützung der neuen Regierung. »Antisemitismus ist eine europäische Krankheit«, sagt Präsident Julien Klemer.
In den vergangenen Jahren habe sich die Stimmung gegenüber Juden verschlechtert. Gleichwohl habe die bisherige Regierung »immer reagiert, wenn sie reagieren musste«, zum Beispiel in Fragen der Bewachung jüdischer Einrichtungen. Klemer glaubt an eine gute Zusammenarbeit mit den Christdemokraten. Das sieht auch Eli Ringer so. Vor ein paar Wochen traf er Leterme, der wohl neuer Premierminister wird. »Es war ein gutes Gespräch.«

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025

New York

UN: Hunderte Kinder seit Scheitern der Waffenruhe in Gaza getötet

Unicef-Exekutivdirektorin fordert die Terrororganisation Hamas und Israel auf, dem humanitären Völkerrecht nachzukommen und Kinder zu schützen

 01.04.2025