»Wir brauchen dringend Rabbiner«
Hanna Sperling über Finanzhilfen und Gemeindebedürfnisse
Frau Sperling, die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erhalten ab nächstem Jahr 7,1 Millionen Euro vom Land, das sind zwei Millionen Euro mehr. Wofür brauchen Sie das Geld?
sperling: Die jüdische Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen ist in den vergangenen 16 Jahren von 5.000 auf 30.000 Mitglieder gewachsen, damit stellt sie fast ein Drittel der Juden in Deutschland. Wir brauchen eine neue Infrastruktur: Rabbiner, Lehrer, Kantoren, Kindergärten, Schulen und Altersheime.
Das Geld wird auf zwei Landesverbände und die Gemeinde Köln aufgeteilt. Wie unterscheiden sie sich in ihrer Struktur?
sperling: Der Landesverband Westfalen- Lippe betreut zehn Gemeinden mit 8.000 Mitgliedern und erhält 25 Prozent des Geldes. Der Verband Nordrhein mit der Großgemeinde Düsseldorf hat acht Gemeinden mit etwa 17.000 Mitgliedern und erhält 50 Prozent. Die Synagogen-Gemeinde Köln hat 5.000 Mitglieder und bekommt 25 Prozent der Mittel.
Welche sind die speziellen Bedürfnisse Ihres Landesverbandes?
sperling: Wir haben bisher nur in der Großgemeinde Dortmund einen Rabbiner. Aber gerade die kleineren Gemeinden mit 1.000 oder weniger Mitgliedern und die entfernter gelegenen ostwestfälischen Gemeinden Bielefeld, Herford, Minden und Paderborn brauchen Rabbiner und Kantoren. Zudem betreuen wir vier Neubauprojekte: Gelsenkirchen und Bochum bauen schon, Herford und Bielefeld sind in der Planung. Außerdem denken wir über den Bau eines Altersheims nach.
Wie unterscheiden sich Ihre Bedürfnisse von denen der anderen Verbände?
sperling: Bei uns verteilen sich 8.000 Mitglieder auf zehn Gemeinden. Das heißt, wir brauchen nicht nur ein Gemeindehaus, einen Kindergarten, einen Lehrer oder einen Rabbiner, sondern gleich mehrere. Wir hatten ursprünglich mit Henry Brandt einen Landesrabbiner, der für alle zehn Gemeinden zuständig war. Das hat sich als nicht zu bewältigende Aufgabe herausgestellt. Wir suchen jetzt weitere Rabbiner, die zwei, drei Gemeinden übernehmen.
Wie schätzen Sie den Finanzbedarf für die Zukunft ein?
sperling: Wir werden sicher mit Nachfolgekosten der Neubauten noch immens belastet werden. Außerdem rechnen wir nach der Modifizierung des Zuwanderungsgesetzes wieder mit mehr jüdischen Zuwanderern.
Mit der Vorsitzenden des Landesverbandes Westfalen-Lippe sprach Heide Sobotka.